Schaffhauser Nachrichten: Ständeratswahl: Vier Kandidaten für zwei Sitze

Freiheitliche Politik in sozialer Verantwortung und im Dialog
Anders als vor vier Jahren hält sich die Spannung bei der Wahl des Ständerats in Grenzen – die Bisherigen sind ungefährdet. 

Von Martin Schweizer

Man muss nicht lange um den Brei herumreden, die Ausgangslage ist klar: Die beiden bisherigen Ständeräte, Peter Briner (FDP) und Hannes Germann (SVP), sind so gut wie gewählt. Zum (mutmasslichen) Erfolg trägt zwar das bemerkenswert betulich agierende überparteiliche Wahlkomitee vergleichsweise wenig bei. Aber das ändert nichts daran, dass die beiden bürgerlichen Kandidaten am 19. Oktober das Rennen wahrscheinlich problemlos machen werden.
Auch die Redaktion dieser Zeitung stellt sich einmütig und ohne Vorbehalte hinter die amtierenden Ständeräte. Sowohl Briner wie Germann, meinen wir, verdienen das Vertrauen der Bevölkerung und sollten die Möglichkeit erhalten, auch in der kommenden Amtsperiode ihre auf Freiheit und sozialer Verantwortung basierende Politik fortzusetzen und zu vertiefen. Die beiden erst zwanzigjährigen Kandidaten der (linken) Alternativen Liste, Christoph Lenz und Florian Keller, werden sich noch etwas gedulden müssen, ehe sie zunächst vielleicht in einem lokalen Parlament Fuss fassen werden. Eine reelle Chance könnte sich ihnen bereits nächstes Jahr im Rahmen der Gesamterneuerungswahlen bieten. Für die beiden Alternativen spricht, dass sie am eidgenössischen und von manchen Jungen gern als uncool belächelten «Wahlzirkus» überhaupt teilnehmen; mit ihrem selbstbewussten Auftritt signalisieren sie, dass die «heutige Jugend» offenbar nicht mehr so apolitisch ist, wie dies lange Zeit der Fall war.
Die von den Jungpolitikern im Laufe der vergangenen Wochen vorgebrachten Ideen (und Ladenhüter wie Abschaffung der Armee, EU-Beitritt usw.) bestätigen allerdings auch und einmal mehr, dass in der Politik ein gewisser Reifeprozess durchaus von Nutzen sein kann; zuhören und lernen schadet in keiner Lebensphase. Auch Erfahrung ist im politischen Geschäft nicht a priori des Teufels. Umgekehrt freilich gilt auch: Ältere Semester könnten ebenso von der Spontanität und den Provokationen der Jungen profitieren – sofern die «gesetzteren» Herren ihre Zurückhaltung aufgeben und bereit sind, auf die mitunter noch etwas unausgegorenen Vorstellungen der Jugendlichen einzugehen.
Sowohl Peter Briner als auch Hannes Germann halten wir für Politiker, die sehr wohl in der Lage sind, den Dialog zwischen den Generationen, der jungen wie der alten, aufzunehmen und zu pflegen – vermehrt und fruchtbarer als bisher. Denn Gespräche sind nötig: Immer wieder und nicht zuletzt in diesem Wahlkampf zeigt sich, wie gross in der Öffentlichkeit die Defizite sind; man ist schlecht oder mangelhaft informiert, sodass ein Konsens über politische Sachverhalte nicht einmal auf der Ebene der Fakten möglich ist.
So redet man munter aneinander vorbei – beim so genannten «Rentenklau» genau so wie bei den Eigenmietwerten, beim deutsch-schweizerischen Streit im Luftverkehr oder beim umstrittenen Steuer- bzw. Sparpaket des Bundes. Andere Dossiers, etwa in der Bildungs-, Gesundheits- und Umweltpolitik, werden mangels Detailkenntnissen gar nicht erst angepackt.Das betrifft allerdings nicht so sehr die bisherigen Ständeräte, fehlendes Fachwissen kann man ihnen schwerlich vorwerfen. Erfreulich vor allem zu beobachten: Hannes Germann, der sich – nach einem eher verhaltenen Start – an diversen Podiumsgesprächen etwa am Radio oder Lokalfernsehen als recht schlagfertiger und trotzdem differenziert argumentierender Debattierer erwies.
Auf ihrem angestammten Fachgebiet, der Finanz- und Wirtschaftspolitik, sind die Schaffhauser Ständeräte ohnhin beschlagen und so sattelfest, dass sie in der Kleinen Kammer auch bei komplexen Geschäften kompetent mitreden können. Peter Briner, vor vier Jahren mit einer eindrücklichen Stimmenzahl ins «Stöckli» gewählt, konnte seine finanzpolitischen Qualifikationen mehrfach (und schon früher als Vorsteher des Kantonalen Finanzdepartementes) unter Beweis stellen. Germann, erst seit einem Jahr als Nachfolger von Rico E. Wenger im Bundeshaus, bringt in diesem Bereich ähnlich solide Voraussetzungen mit, was unter den zurzeit gegebenen Umständen beim Bund und in der Privatwirtschaft nur von Vorteil sein kann. Dennoch wäre ein breiteres Spektrum in den Sachthemen unter verschiedenen Aspekten wünschenswert: Die beiden in fast allen – auch aussenpolitischen – Kommissionen synchron laufenden Ständeräte wären zweifellos gut beraten, sich wenn immer möglich in der kommenden Amtsperiode etwas zu «diversifizieren».
Schliesslich versteht sich von selbst, dass unsere Ständeräte in Bern auch fortan die Interessen des Kantons Schaffhausen sachlich angemessen und unaufgeregt, aber mit Nachdruck vertreten sollten. Alle vier eidgenössischen Parlamentarier, die National- wie Ständeräte, versichern zwar unablässig, dies getreulich zu tun. Das soll hier auch nicht bezweifelt werden, alles andere wäre ja seltsam. Fragt sich nur, ob ihr Einsatz im Bundeshaus jeweils auch mit der nötigen Klarheit und Entschiedenheit erfolgt. Jüngtes Beispiel: die seit Jahren geforderte bessere «Verkehrsanbindung» mit Zürich und in diesem Zusammenhang die vom Bundesrat neuerdings zurückgestellte Doppelspur. Da operierte unser parlamentarisches Dreamteam wohl kaum geschlossen, sondern eher mehrgleisig – und damit (bisher) leider erfolglos.