Schaffhauser Nachrichten: Standortbestimmung am Bodensee

Das SVP-Kader schwor sich an seiner traditionellen Zusammenkunft in Bad Horn auf den angekündigten Oppositionskurs ein.

von Markus Rohner

Horn – Immer am ersten Januarwochenende ziehen sich die Spitzenleute der SVP in Bad Horn am Südufer des Bodensees zu zwei Tagen der Besinnung und des Nachdenkens zurück. Vier Wochen nach der Abwahl von Bundesrat Christoph Blocher bekam diese Tagung plötzlich eine andere Bedeutung. Es ging um Fragen der politischen Zukunft dieser Partei, die Oppositionsrolle und den zukünftigen Part von Übervater Blocher. Hitzig ist es am Freitag und Samstag hinter verschlossenen Türen allerdings nie geworden. «Wir haben offen miteinander gesprochen und waren uns alle bald einig», sagte der Glarner Ständerat This Jenny. Eine Aufnahme der beiden «abtrünnigen» Bundesräte Eveline Widmer-Schlumpf und Samuel Schmid in die SVP-Fraktion wird ganz klar abgelehnt. Jenny: «Jetzt ist Eiszeit angesagt.»

Keine Kompromisse 
Der Zürcher Nationalrat Hans Fehr nahm Alt-Bundesrat Adolf Ogi zu Hilfe und zitierte am Schluss der Tagung: «Freude herrscht!» Worüber? «Dass wir unseren geradlinigen Kurs noch konsequenter weiter verfolgen und den Vertrag mit dem Volk einlösen können», sagte Fehr. Was das heisst, ist für die SVP klar: 1. Senkung von Steuern, Abgaben und Gebühren; 2. Einsatz für eine unabhängige, neutrale Schweiz; 3. Bekämpfung von Kriminalität sowie Asyl- und Sozialmissbrauch. Viel zu nachgiebig sei man in den letzten Jahren im Umgang mit dem Bundesrat gewesen, monieren heute zahlreiche SVP-Hardliner. «Jetzt, wo wir nicht mehr in der Landesregierung vertreten sind, müssen wir auf niemanden mehr Rücksicht nehmen», freut sich Jenny. Wenn die SVP fortan einen «Kontrapunkt zur linkslastigen Regierungspolitik» setze, könne sie nur weiter wachsen und an Kraft gewinnen.
Versuche, die beiden SVP-Bundesräte in irgendeiner Form an die Fraktion zu binden, wurden in Horn keine unternommen. «Lassen wir mal den Pulverdampf verschwinden und die Gemüter sich beruhigen, und dann schauen wir, wie sich diese Zusammenarbeit anlässt», zeigte sich Ständeratspräsident Christoffel Brändli am Samstag gelassen. Die drei Bündner Bundesparlamentarier in der SVP-Fraktion sieht Brändli als «Brückenbauer», die zwischen der Fraktion und den beiden Bundesräten eine vermittelnde Funktion einnehmen könnten.

Aufbruch zu neuen Ufern
Das Wundenlecken in der SVP ist abgeschlossen, jetzt hofft die Partei, zu neuen Ufern aufzubrechen. Am Bodensee wurden die ersten Akzente gesetzt. Man markierte die Rolle der Opposition; Alt-Bundesrat Christoph Blocher wird in der Partei eine «zentrale Aufgabe» (Hans Fehr) übernehmen. Mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht das Parteipräsidium. In zwei Wochen wird er im Zürcher Albisgüetli sagen, wo er seine zukünftige Rolle sieht. Gruppenweise steckten in Bad Horn Parlamentarier, Regierungsräte und Richter ihre Köpfe zusammen und diskutierten, wie diese «konstruktive Opposition» funktionieren soll. Wer seine Zweifel hatte, wurde im Referat von «Weltwoche»-Chefredaktor Roger Köppel («Chancen und Risiken der Opposition») auf den Weg der SVP-Tugend zurückgeführt. Die «Classe politique» bekam ihre Prügel, über Volksrechte und die Verwaltung wurde diskutiert. Und als am Samstagmittag die Tagung zu Ende ging, zeigten sich alle zufrieden. Vom moderaten Thurgauer Regierungsrat bis zum Hardliner aus Zürich.

Germann und Hurter Die beiden Schaffhauser SVP-Parlamentarier ziehen ein positives Fazit. Auch die beiden Schaffhauser SVP-Parlamentarier nahmen an der Tagung in Bad Horn teil. Beide zogen ein positives Fazit. Ständerat Hannes Germann sprach von guten Diskussionen und zeigte sich erleichtert, dass die Partei einen konstruktiven Oppositionskurs verfolgen will. Vor allem die Vertreter im Nationalrat würden hart gemäss dem Parteiprogramm politisieren, für ihn persönlich werde sich jedoch nichts ändern: «Als Ständerat und somit als Kantonsvertreter spielt man eine andere Rolle als in der Grossen Kammer.»

Für den im Herbst neu gewählten Nationalrat Thomas Hurter war es wichtig, dass die Partei in Bad Horn nicht vom angekündigten Kurs abgewichen ist, dass sie vor allem in der Frage der Fraktionszugehörigkeit der beiden SVP-Bundesräte konsequent blieb.
Hurter spricht sich für eine konstruktive Opposition aus, in der jene Themen, «die den Leuten unter den Nägeln brennen», intensiv bearbeitet werden. Zudem betonte Hurter, dass man künftig auf den Bundesrat keine Rücksicht mehr nehmen müsse – er kündigte an, die Geschäfte aus der Regierung jeweils sehr genau prüfen zu wollen.
Die von der «SonntagsZeitung» gestern thematisierte Variante, dass der St. Galler Nationalrat Toni Brunner das Parteipräsidium übernehmen werde, halten sowohl Germann als auch Hurter für einen gangbaren Weg. Germann ist der Meinung, dass man in der Führung nun den Mut zum Generationenwechsel aufbringen sollte. Hurter wies darauf hin, dass es auch andere gute Kandidaten, wie etwa den Berner Adrian Amstutz, gebe. (Be. R.)