Die Schweiz und die USA haben sich im Steuerstreit geeinigt. Den Banken drohen happige Bussen.
Von Eveline Rutz
Im Steuerstreit mit den USA zeichnet sich ein Ende ab. Nach jahrelangem Auf und Ab haben die beiden Staaten am Donnerstag eine gemeinsame Erklärung unterzeichnet. Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf informierte gestern über deren Inhalt und sprach von «einem Resultat, mit dem wir leben können». Die Schweiz müsse weder Notrecht anwenden, noch rückwirkend Gesetze anpassen.
Bussen von bis zu 50 Prozent
Um einer Klage zu entgehen, können die Banken ihre Geschäfte mit US-Kunden in einem Programm offenlegen. Dessen Eckwerte waren bereits in den letzten Tagen durchgesickert. Es sieht vier Gruppen vor. In die Kategorie eins fallen Banken, die bereits in ein Strafverfahren involviert sind und vom Programm ausgenommen sind. Zur zweiten Kategorie zählen Banken, die davon ausgehen müssen, dass sie US-Recht verletzt haben. Sie verpflichten sich, Informationen über ihre Geschäfte mit US-Bürgern, über Abschleicher, über Mitarbeiter und über Dritte wie Treuhänder oder Anwälte zu liefern. Sie werden dafür gebüsst. Je nachdem, wann sie die unversteuerten Gelder angenommen haben, betragen die Bussen zwischen 20 und 50 Prozent des Vermögenswerts. Bessere Aussichten haben die Banken der Kategorie drei, die nachweisen können, dass sie mit dem US-Recht nicht in Konflikt geraten sind. Unangenehm wird es für sie einzig dann, wenn sie entdecken, dass sie doch unversteuerte Gelder haben. Um in die Kategorie zwei zu wechseln, müssen sie dann glaubhaft machen können, dass sie diese nicht vertuschen wollten. Gänzlich aus dem Schneider sind Lokalbanken, welche die Kategorie vier bilden. Bis zum 31. Dezember müssen die Banken entscheiden, ob sie am Pro- gramm teilnehmen wollen. Danach haben sie 120 Tage Zeit, um die Vorgaben zu erfüllen. Kundendaten werden weiterhin ausschliesslich über den Weg der Amtshilfe geliefert. Wie teuer der Steuerdeal die Schweiz zu stehen kommen wird, lässt sich nur schwer sagen. Die Kosten hängen vom Umfang der nicht deklarierten Gelder, aber auch vom Zeitpunkt ab, an dem eine Bank diese angenommen hat. Schweizer Fachleute gehen von fünf bis zehn Milliarden Franken aus. In den USA war aber nur von bis zu einer Milliarde US-Dollar die Rede. Seit dem Nein des Parlaments zur Lex USA im Sommer sind offenbar zwei weitere Banken ins Visier der US-Behörden geraten. Fünf standen kurz davor. Widmer-Schlumpf sprach gestern denn auch von 14 Banken, die aktuell zur Kategorie 1 zählten. Im Frühjahr bezifferte sie die Zahl noch mit 12. Sie machte dazu allerdings keine weiteren Angaben. Dass im Steuerstreit mit den USA eine Lösung gefunden wurde, stösst in der Politik auf Erleichterung. CVP und BDP, die für die Lex USA weibelten, loben den Verhandlungserfolg. SP, FDP und SVP, welche das Gesetz scheitern liessen, sehen sich bestätigt. «Wir haben jetzt eine bessere Lösung», sagt Nationalrat Thomas Aeschi (SVP/ZG). Die Schweiz habe ihre Rechtsordnung wahren können. Sie laufe zudem nicht Gefahr, ihre Gesetze rückwirkend anpassen zu müssen. Der Bundesrat habe im Parlament eine übertriebene Drohkulisse aufgezogen. «Man sagte uns, es gebe keinen Plan B – das war offensichtlich falsch.» Laut Konrad Graber (CVP/LU), Präsident der Wirtschaftskom- mission des Ständerats, ist dieser nur dank harten Verhandlungen zustande gekommen. «Der Bundesrat konnte wesentliche Teile retten.» Das sei jedoch nicht selbstverständlich. Die USA hätten etwa die Kategorien drei und vier streichen wollen. Insgesamt liege nun eine schlechtere Lösung vor. So sei es schwieriger geworden, zwischen der dritten und zweiten Kategorie zu wechseln. Daher würden sich wohl viele Kantonalbanken in die zweite Kategorie einteilen und eine Busse in Kauf nehmen, was Diskussionen auslösen werde.
Es drohen Blockaden
«Der Mitarbeiterschutz ist auf dem gleichen Niveau geblieben», sagt Jean Christophe Schwaab (SP/VD) vom Schweizer Bankenpersonalverband. Die Situation sei aber zwiespältig, würden den USA doch Unmengen von Daten geliefert. «Es gibt keine Garantie, dass die Mitarbeiter nicht belangt werden.» Zudem sei unsicher, was geschehe, wenn einzelne vor Gericht gingen. «Dann könnten die USA die betroffenen Banken aus dem Programm ausschliessen.» Für diese Rechtsunsicherheit sei das Schweizer Parlament verantwortlich, sagt Peter V. Kunz. Der Berner Professor für Wirtschaftsrecht hatte für den Bundesrat ein Gutachten zur Lex USA erstellt. In diesem Punkt sei die Vereinbarung schlechter als die Lex USA, ansonsten seien die beiden Lösungen vergleichbar. Für die Banken sei die Sache jedoch noch lange nicht ausgestanden. Sie hätten schmerzhafte Bussen zu gewärtigen. Kunz geht aber nicht davon aus, dass es zu Konkursen kommen wird. «Da wird etwas viel schwarzgemalt.»