Der Ständerat hat gestern über die umstrittene Regel zu den Eigenmitteln der Banken debattiert. Bei bürgerlichen Ständeherren stiess die Bundesratslösung auf grosses Misstrauen. Trotzdem stimmte der Rat klar zu.
von Michael Brunner
Gut zweieinhalb Jahre ist es her, dass die UBS im Rahmen der Finanzmarktkrise um Staatshilfe bitten musste – und Bund und Nationalbank kaum etwas anderes übrig blieb, als dieser Bitte mit rund 70 Milliarden Franken nachzukommen. In der Zwischenzeit wurde viel geredet, geplant und gestritten, gestern Abend nun aber galt es Ernst: Der Ständerat entschied als Erstrat über die Too-big-to-fail-Vorlage.
Weitgehend Einigkeit herrschte darüber, dass Handlungsbedarf besteht. Nach Meinung der Ständeräte geht es nicht an, dass grosse Banken, konkret Credit Suisse und UBS, über eine faktische Staatsgarantie verfügen. Diese Staatsgarantie rührt daher, dass der Bund die Grossbanken im Krisenfall nicht fallen lassen kann, da sonst die ganze Volkswirtschaft zu stark in Mitleidenschaft gezogen würde. Kommissionssprecher Dick Marty (FDP/TI) warnte davor, dass die im Verhältnis zum Land sehr grossen Schweizer Banken die ganze Schweiz ins wirtschaftliche und finanzielle Verderben stürzen könnten. Er erinnerte an den Fall Island, andere Parlamentarier an Irland. Die enorme Bedeutung von Credit Suisse und UBS rechtfertigt es nach Meinung des Berner BDP-Ständerates Werner Luginbühl auch, dass die Schweiz ihren Grossbanken strengere Regeln geben will als andere Staaten. Genau an diesem Punkt hatte im Vorfeld die Bankenlobby eingehakt. Sie kritisierte, die Schweiz gehe im Vergleich zu anderen Ländern viel zu rasch vor. Auch sei nicht seriös abgeklärt worden, ob und wie stark die neuen Regelungen der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Banken schaden. «Was sinnvollerweise gemacht werden konnte, wurde gemacht», entgegnete Luginbühl in Bezug auf die Abklärungen. Nicht alle Ständeräte sahen das so.
Richtige Balance gesucht
In den Details war heiss umstritten, wie das Too-big-to-fail-Problem zu lösen oder wenigstens zu mildern ist. Während die einen auf scharfe Regeln drängten, wollten andere den Banken grossen Spielraum lassen. Die St. Galler FDP-Ständerätin Erika Forster sagte, es gelte, die richtige Balance zu finden. Konkret interessierte gestern vor allem ein Punkt der Vorlage: Um den Sturz von Grossbanken zu verhindern, sind strengere Eigenmittelvorschriften und höhere Ansprüche an die Liquidität absolut zentral. Eine vom Schaffhauser SVP-Ständerat Hannes Germann angeführte Minderheit wollte weniger strenge Vorschriften. Konkret forderte sie, dass die strengen Eigenmittelvorschriften nur auf Stufe der gesamten Bankengruppe und nicht auch einzelnen, systemrelevanten juristischen Einheiten gelten. Der Bundesrat hatte im Vorfeld versucht, dieser Minderheit mit einer Erklärung den Wind aus den Segeln zu nehmen. Danach soll die Finanzmarktaufsicht, wenn die Regelung, wie von den Banken befürchtet, auf Konzernstufe zu weit höheren Eigenmittelanforderungen führt, Ausnahmen erlassen können. Die Beschwichtigungstaktik funktionierte: Der Rat stimmte mit 28 zu 13 Stimmen letztlich dem Bundesrat deutlich zu. Und die Minderheit musste sich den Vorwurf anhören, ihr sei es nur um die Verwässerung der ganzen Vorlage gegangen.