Die Ansichten innerhalb der Schweizerischen Volkspartei sind – wie die Abstimmung über das Schulgesetz zeigte – auch im Kanton oft gespalten.
von Walter Joos
Die Schweizerische Volkspartei (SVP) vermittelte ihren Wählerinnen und Wählern über viele Jahre ein Bild grosser politischer Geschlossenheit. Im Vordergrund ihrer Bestrebungen stand stets die Wahrung des Föderalismus und der damit verbundenen Unabhängigkeit sowie der helvetischen Traditionen. Dieses «Image» hat sich aufgrund von teilweise erbittert geführten Flügelkämpfen in der jüngsten Vergangenheit auch innerhalb des Kantons Schaffhausen gewandelt. Insbesondere bei der Abstimmung über die neuen Bildungsartikel und das revidierte Schulgesetz liess die Basis ihre Vertreter in Regierung und Parlament gleichsam im Regen stehen.
Umstrittene Kompromisse
«Bei sachpolitischen Themen gehen die Meinungen innerhalb der SVP mitunter weit auseinander», stellt Werner Bolli nüchtern fest. Nach Aussage des Präsidenten der SVP des Kantons Schaffhausen basieren die von Regierung und Parlament erarbeiteten Abstimmungsvorlagen in vielen Fällen auf politischen Kompromissen, die von der Basis nicht immer goutiert werden. Aus der Sicht von Werner Bolli haben es die Behörden bei der abschliessenden Bereinigung der über weite Strecken unbestrittenen Schulreform verpasst, die grössten Stolpersteine zu entfernen. Ein gut besuchter Parteitag in Stetten sei darum mit grosser Mehrheit zum Schluss gekommen, Regierung und Parlament müssten in verschiedenen Punkten noch einmal über die Bücher gehen.
Mehrheit blieb skeptisch
Die Ablehnung der Bildungsartikel und des Schulgesetzes durch die SVP wertet Werner Bolli weder als mangelnde Solidarität mit Regierungspräsidentin Rosmarie Widmer Gysel noch als Affront gegen Kommissionspräsident Thomas Hurter. Es sei den Vertretern von Regierung und Parlament ganz einfach nicht gelungen, eine Mehrheit von den im Bildungswesen geplanten organisatorischen Massnahmen – allen voran die Bildung von Schulkreisen und die Verpflichtung von Schulleitern – zu überzeugen.
Bereitschaft zu Veränderungen
Die SVP habe in den letzten Jahren auch auf kantonaler Ebene bewiesen, dass sie sinnvollen Reformen gegenüber durchaus offen sei. Dazu gehöre zum Beispiel der von der Bevölkerung unterstützte Schulterschluss der Gemeinden im Unteren Reiat. Ausschlaggebend sei für die SVP, dass Eingriffe in bestehende Strukturen auf der kommunalen Ebene akzeptiert und nicht einfach von «oben» verordnet werden. So sei es zum Beispiel zu Beginn dieses Jahrzehntes gelungen, mit dem Reformprojekt «sh.auf» eine Diskussion in Gang zu bringen, die – von den sieben «Ostereiern» abgesehen – unter dem Strich zu wesentlichen Verbesserungen geführt habe.
Differenzierte Meinungen
«Ich fühle mich von meiner Partei in keiner Weise im Stich gelassen.» Dies betonte Regierungspräsidentin Rosmarie Widmer Gysel gestern auf Anfrage. Die Vorsteherin des Erziehungsdepartementes bedauert zwar die Ablehnung der neuen Bildungsartikel und des überarbeiteten Schulgesetzes. Sie ist sich jedoch bewusst, dass die Vorlage verschiedene heikle Punkte tangierte und die Meinungen an der Basis geteilt waren. Die Beratungen innerhalb der vorberatenden Kommission und die Zusammenarbeit mit der Fraktion wertet sie jedoch als positiv. Es sei jedoch im Vorfeld der Abstimmung nicht gelungen, die Öffentlichkeit von den Vorzügen der Vorlage zu überzeugen. Parteipolitische Überlegungen standen dabei aus ihrer Sicht nicht im Vordergrund.
Differenzen hochgespielt
Auch Regierungsrat Erhard Meister fühlt sich ungeachtet der primär auf nationaler Ebene ausgetragenen Flügelkämpfe als Vertreter der SVP in keiner Weise unwohl. «Bei Sachgeschäften gibt es nicht nur in der SVP unterschiedliche Meinungen», konstatiert der Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartementes. Oft würden interne Differenzen auch von den Medien auf fragwürdige Weise aufgebauscht. Auf kantonaler Ebene betrachtet Erhard Meister die SVP als eine vollständig in die Regierungsverantwortung eingebundene politische Gruppierung. Der auf nationaler Ebene diskutierte Gang in die Opposition sei in Schaffhausen kein Thema. Der Dialog zwischen den Vertretern der Regierung und des Parlamentes erachtet er als aufbauend. Aus seiner Sicht sei die Partei neuen Ideen gegenüber durchaus aufgeschlossen. 80 Prozent der im Rahmen des Reformprojektes «sh.auf» gemachten Vorschläge seien in der Zwischenzeit im Einvernehmen mit der Basis umgesetzt worden.
Kadertag in Schaffhausen
Am kommenden Samstag sind die Vertreter der SVP des Kantons Schaffhausen zu einer Kadertagung ins Hombergerhaus eingeladen. Bei dieser Gelegenheit geht es nach Auskunft von Präsident Werner Bolli einerseits um eine Auswertung und Rückschau auf das vergangene Wahljahr und andrerseits in die Festsetzung der thematischen Schwerpunkte für die neue Amtsperiode. Als Referent tritt unter anderem Regierungsrat Erhard Meister auf.
Bundeshausfraktion Thomas Hurter und Hannes Germann erwarten Klärung
Nach den in den letzten Wochen öffentlich ausgetragenen Auseinandersetzungen treffen sich die Mitglieder der SVP-Bundeshausfraktion morgen Freitag im Vorfeld der Frühjahrssession zu ihrer angekündigten «Chropfleerete» in Bern. Mit von der Partie wird auch Ständerat Hannes Germann sein. «Ich hoffe, dass wir nach dieser Aussprache endlich wieder zur Tagesordnung übergehen und über Inhalte diskutieren können», gab Germann gegenüber den SN seinen Hoffnungen Ausdruck. Gleichzeitig ist sich der 52-Jährige bewusst, dass sich Exponenten wie etwa Christoph Blocher kaum ein dauerhaftes Schweigegelübde auferlegen werden. «Ich würde es begrüssen, wenn er seine Rolle als Chefstratege der SVP und seine Ideen vermehrt mit der Bundeshausfraktion absprechen würde. Das gehört meiner Meinung nach zu einer professionellen Führung dazu.» Es gebe ein zweifelhaftes Bild ab, wenn massgebende Köpfe der SVP sich in der Öffentlichkeit widersprächen, so Germann. «Insofern glaube ich schon, dass die gemeinsame Aussprache etwas bringen kann.» Der Schaffhauser Nationalrat Thomas Hurter wird an der «Chropfleererte» aus beruflichen Gründen fehlen. Gleichwohl hat er konkrete Erwartungen an seine Fraktionskollegen. «Es sollen alle jene Themen, die in letzter Zeit über die Medien diskutiert wurden, behandelt werden. Jeder soll die Möglichkeit haben, seinen Standpunkt darzulegen. Ziel muss es sein, dass allfällige Streitigkeiten künftig innerhalb der Partei ausdiskutiert werden.» Gewisse Exponenten sollten ihr Vorgehen in der jüngsten Vergangenheit hinterfragen, findet Hurter. «Es kann nicht sein, dass man einen Parteikollegen in den Medien öffentlich anschwärzt und diese Aussagen danach so im Raum stehen gelassen werden.»