Thomas Minder, Vater der Abzocker-Initiative, und die SVP haben sich gefunden. Der SVP nützt der ungewöhnliche Deal. Und Minder scheint schlicht das Geld für die Kampagne zu fehlen.
von Michael Brunner
Es ist ein Paukenschlag: Die SVP-Spitze und Thomas Minder vom Komitee der Abzocker-Initiative traten gestern gemeinsam vor die Medien, um ihren überraschenden Deal vorzustellen. Zusammen haben sie einen Gegenvorschlag zur Initiative ausgearbeitet. Kommt dieser durchs Parlament, zieht Minder seine Initiative zurück. Wenn nicht, unterstützt die SVP die Initiative. Für die SVP ist das eine gute Sache. Sie musste dem Neuhauser Kleinunternehmer Minder zwar inhaltlich etwas entgegenkommen. Auch verärgert sie die Mitteparteien, die einen weniger weit gehenden Gegenvorschlag zusammen mit der SVP ausarbeiten wollten. Aber die Partei kann das tun, was sie am liebsten macht: politisches Powerplay spielen. Entweder ihr unterstützt unseren Vorschlag, oder wir verhelfen der Initiative zum Durchbruch, so lautet das Ultimatum. Zudem kann sie sich mit dem Kampf gegen abzockende Manager ein populäres Thema auf die Fahne schreiben. Unklarer ist, warum Minder einlenkt. Seine Initiative hat laut Beobachtern gute Chancen. Zudem stösst Minder die Sozialdemokraten als treueste Anhänger der Initiative vor den Kopf. Entsprechend irritiert reagierte die SP. Die Jungsozialisten werfen Minder gar einen «Kuschelkurs» gegenüber der SVP und Verrat vor.
Der David lenkt ein
Am meisten erstaunt der Deal aber, weil sich Minder bisher unnachgiebig gab. Er gefiel sich in der Rolle des David. Sein Wirken verglich er mit demjenigen des FC Schaffhausen, als dieser noch in der höchsten Liga spielte. Nur dass bei ihm nicht Basel oder YB die Gegner sind, sondern CS, Novartis und UBS. Ähnlich sieht er sich im Verhältnis zur Politik: als KMU-Rebell, wie ihn die «Wochenzeitung» einst bezeichnete, der gegen das Politestablishment kämpft. Als seine Initiative im Ständerat abgelehnt wurde, kam es im Bundeshaus zu einem Eklat. Minder hatte sich nicht an die Spielregeln gehalten, wie sie für Besucher gelten. Freundlich, aber bestimmt wurde er darauf hingewiesen, worauf er zu einer Tirade gegen alles, was mit Bundespolitik zu tun hatte, ausholte. Der streitbare Unternehmer machte nie einen Hehl daraus, dass er dem Gedankengut der SVP nahe steht. «Aber von den Parteispitzen darf man nichts erwarten», sagte er 2006 in einem Interview mit dem «Bund». «Die Parteien bekommen Millionen, die wollen sich den Geldhahn nicht zudrehen.»
Gegenvorschlag besser?
Und dieser David gibt nun zusammen mit der grössten und finanzstärksten Partei der Schweiz eine Pressekonferenz, lässt sich von alt Bundesrat Christoph Blocher und SVP-Präsident Toni Brunner flankieren. Minder selber erklärt dies damit, dass der Gegenvorschlag eben besser sei als seine Initiative. Er habe immer gesagt, dass Bestimmungen gegen Abzocker eigentlich ins Aktienrecht gehörten. Dies sei mit dem Gegenvorschlag nun möglich. «Die Schublade Aktienrecht ist offen. Jetzt haben wir die Chance, die Aktionärsrechte hier hineinzulegen und sie wieder zu schliessen.» Noch am Samstag hatte er allerdings in Bezug auf die In-itiative dem «Tages-Anzeiger» gesagt: «Etwas Gutes muss man nicht zurückziehen.» Nun tut er es möglicherweise doch. Claudio Kuster, Sekretär des In-itiativkomitees, räumt ein, dass dies ein gewisser Widerspruch ist. Sie seien bis vor wenigen Wochen von der Politik nicht ernst genommen worden. «Das hat sich nun geändert. Herr Blocher hat sich mit uns zusammengesetzt, um eine Lösung zu finden.» Kuster sagt offen, dass es dem Komitee nicht ungelegen käme, keinen Abstimmungskampf führen zu müssen. «Denn das Geld dazu haben wir eigentlich nicht.» Der Schaffhauser SVP-Ständerat Hannes Germann glaubt, dass dies der Hauptgrund für das Einlenken ist. «Ich kenne Minder und habe erwartet, dass er das im Alleingang durchzieht.» Nun ist es anders gekommen.