Schaffhauser Nachrichten: Über Neinsager und Gutmenschen

Wirtschaftsforum: Christoph Blocher als Hauptreferent. Christoph Blocher, Hannes Germann: Weniger Bürokratie. [Bild: B. + E. Bührer]
Wirtschaftsforum: Christoph Blocher als Hauptreferent. Christoph Blocher, Hannes Germann: Weniger Bürokratie. [Bild: B. + E. Bührer]
Rund 100 Personen aus Wirtschaft und Politik verfolgten gestern Vormittag in der Rathauslaube ein von der Schaffhauser SVP organisiertes Wirtschaftsforum. Hauptreferent: Unternehmer und Nationalrat Christoph Blocher, der wie seine Parteikollegen nachher an der Tagung der SVP-Bundeshausfraktion im Park Casino teilnahm. Nach einem launigen Grusswort von Kurt Schönberger war es aber zunächst Ständerat Hannes Germann, der den – überwiegend auswärtigen – Gästen mit interessanten Zahlen und Quervergleichen den Kanton Schaffhausen als attraktiven Wirtschaftsstandort etwas näher bringen wollte. Dabei stellte Germann in seiner Eigenschaft als Betriebsökonom der hiesigen Wirtschaftsförderung ein sehr gutes Zeugnis aus, nicht zuletzt hätte sie es nach einer wirtschaftlichen Durststrecke verstanden, ohne Vernachlässigung der alteingesessenen Betriebe den Grenzkanton Schaffhausen zu einem Magnet für Hightech-Firmen zu machen.

Für die Ansiedlung neuer Unternehmen in Schaffhausen sprechen nach Germann unter anderem nebst tiefen Lebenshaltungskosten ansehnliche steuerliche Vorteile. Zur Steuerentlastung der natürlichen Personen müsste der Kanton allerdings noch einiges tun, auch im Blick auf den Nachbarkanton Zürich. Ein richtiges Zeichen setze dagegen der Bund mit dem von den Kantonen nun teilweise umstrittenen Steuerpaket. Die Fiskal- und Staatsquote müsse aber weiter gesenkt, die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft verbessert und der bürokratische Aufwand vor allem für Gewerbebetriebe verringert werden. Zur Belebung der Wirtschaft brauche es jetzt, so Germann abschliessend, eine «mutige Vorwärtsstrategie».
Nationalrat Hans Kaufmann von Wettswil befasste sich danach mit dem Finanzplatz Schweiz, einer überaus «wichtigen Stütze» der nationalen Wirtschaft, 200 000 Arbeitsplätze profitierten direkt vom Finanzsektor. Mit 20 Prozent der gesamten Einnahmen aus Steuern und Abgaben würden Banken, Versicherungen und ihre noch immer gut entlöhnten Angestellten überdurchschnittlich viel Geld an den Staat abliefern. Das – für Terroristen, Kriminelle und Potentaten keineswegs «absolute» – Bankgeheimnis sollte nach Meinung Kaufmanns in der Bundesverfassung verankert werden. Für Christoph Blocher schliesslich ist es eine Binsenweisheit, dass «unternehmerische Freiheit den Wohlstand» sichert, darüber zu reden sei eigentlich müssig. Da das Thema aber schon einmal angesprochen war, äusserte sich der begnadete Polemiker dann doch ausgiebig zur Notwendigkeit der «Handlungsfreiheit» und zu der geradezu monströsen und immer noch zunehmenden staatlichen Regelungsdichte. Der klassische Unternehmer sei im Übrigen nicht einfach ein «Couponabschneider» und «Manager», der das Vermögen anderer Leute «verdumme». Vielmehr zeichne er mit seiner ganzen Person und mit seinem eigenen Kapital für den Betrieb verantwortlich. Sein Eigeninteresse hindere ihn daran, Geld blödsinng zu verjubeln. Überall, in der Wirtschaft wie im Leben überhaupt, gehe es eben letztlich «realistisch» und gar nicht so «idealistisch» her und zu: «Der Mensch macht das, was für ihn interessant ist.» Wolle man etwas ändern, müsse man ergo nicht auf den Menschen «herumhacken», etwa auf Asylbewerbern oder «Scheininvaliden», sondern versuchen, andere Voraussetzungen zu schaffen. Blochers unvermittelt ins leicht Philosophische abgleitenden Causerien über heuchlerische «Gutmenschen», die nur auf ihre weissen Westen bedacht sind, über Kopfnicker, die nicht denken müssen, und über das schwierige Geschäft des Neinsagens brachten ihm auch von nicht svp-hörigen Gästen viel Applaus ein. Vor allem dort, wo er sich zum Bekenntnis durchrang, er, Blocher, könnte durchaus auch Ja sagen – wenn man nur die Fragestellungen umkehren würde. (-zer.)