Nach elf Jahren verabschiedet sich die Umweltpolitikerin und Nationalrätin Martina Munz aus der Politik. Ihr Rücktritt kommt für ihre Kolleginnen und Kollegen zwar nicht überraschend, aber dennoch überraschend früh. Nun rückt Linda De Ventura für die SP nach.
Martina Munz tritt zurück. Der Rücktritt kommt nur knapp ein Jahr nach den letzten eidgenössischen Wahlen. «Ich bin zwar voller Energie, aber ich habe doch ein Alter und will nicht zuwarten, bis ich amtsmüde werde», sagt Martina Munz zum Rücktritt. «Ich habe auch nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich vorzeitig zurücktreten könnte.»
Lange war Munz der Frage jedoch ausgewichen, ob sie nicht doch schon nach zwei Jahren zurücktreten würde, wie ihr früherer Parteikollege Urs Tanner behauptete. Auch während des Wahlkampfes wollte sie sich dazu nicht äussern. Erst nach den Wahlen präzisierte Munz, dass sie früher zurücktreten könnte.
Auf Martina Munz folgt nun Linda De Ventura. Sie politisiert seit 2015 im Schaffhauser Kantonsrat. War es ein Plan, frühzeitig zurückzutreten, damit De Ventura nachrücken kann? Munz sagt dazu: «Das ist nicht nur ein Plan, sondern eine demokratische Abfolge. Linda De Ventura ist die nächste auf der Liste. Darüber hat das Stimmvolk entschieden.»
Die 38-jährige De Ventura freut sich, nachzurücken, und sagt: «Martina Munz hat die Umweltpolitik im Nationalrat lange geprägt, ich bin dankbar, dass ich ihre Nachfolge im Dezember antreten darf.»
De Ventura hat sich als Sozialpolitikerin einen Namen gemacht. Sie setzte sich für die Prämienverbilligung, existenzsichernde Löhne und tiefe Mieten ein. Was sie jedoch in Bern erwartet, ist ungewiss. «Ich mache mir keine Illusionen, als Neuling werde ich im Nationalrat einer Kommission zugeteilt, dann werde ich in diesem Bereich arbeiten», sagt De Ventura. Dennoch ist sich die Schaffhauserin sicher, dass sie in Bern etwas bewegen kann. «Es kommt mir entgegen, dass ich mich für alle Bereiche der Politik interessiere.»
Jetzt sei der richtige Zeitpunkt für einen Generationenwechsel. Denn: «Wir haben in allen politischen Gremien zu wenig junge Leute.» De Ventura will zudem dennoch weiterhin im Kantonsrat politisieren, sofern sie wiedergewählt wird. «Es gibt gute Synergien, wenn man mitbekommt, was in Bundesbern passiert.»
Lob und Kritik aus der Politik
Die Reaktionen aus der Politik zum Rücktritt sind unterschiedlich. Der frühere SP-Kollege Urs Tanner reagiert mit Humor. «Jetzt bin ich endlich dran», sagt er und lacht. Der Rücktritt sei für ihn keine Überraschung. Es ist kein Geheimnis, dass Tanner bis zur Wiederwahl von Martina Munz auf deren Sitz schielte. Bei einem vorzeitigen Rücktritt wäre er damals nachgerückt. Doch dazu kam es nicht. Was folgte, war ein öffentlicher Schlagabtausch. Der Grossstadtrat trat aus der SP aus und politisiert heute als Parteiloser. Die Sache sei für ihn längst erledigt. «Ich bin tiefenentspannt und freue mich, dass eine jüngere Frau nachrückt», sagt Tanner. Mehr wolle er dazu nicht sagen.
Den Zeitpunkt ihres Rücktritts müsse man ihr überlassen, sagt Thomas Weber, Co-Präsident der SP Stadt Schaffhausen. Sie habe sich das, wie alles, wohl gut überlegt. «Wenn der Moment gekommen ist, in dem sie sich mehr auf die Enkelkinder konzentrieren möchte als auf Bern, ist das sehr gut nachvollziehbar», sagt Weber und würdigt die 69-Jährige. Munz habe es geschafft, in Bern zu einer tragenden Figur der SP-Fraktion zu werden. Sie sei eine der Meinungsmacherinnen mit überdurchschnittlichem Einfluss in der Fraktion, aber auch im Parlament gewesen.
Überrascht vom plötzlichen Rücktritt zeigt sich SVP-Ständerat Hannes Germann. «Man hat erwartet, dass sie irgendwann zurücktritt. Mich überrascht aber, dass der Rücktritt so früh kommt.» Denn sie sei in den letzten Jahren in der Politik aufgeblüht. Germann sagt: «Sie konnte in der von ihr favorisierten Umweltkommission politisieren in einer Zeit, die von Energiemangel geprägt ist, und dort engagiert mitwirken.» Politisch teilten sie zwar andere Werte, aber er habe Munz persönlich stets geschätzt.
Kritik hingegen kommt von Parteikollege Thomas Hurter. «So kurz nach den Wahlen hätte ich das nicht erwartet und ich finde es gegenüber den Wählerinnen und Wählern schwierig», sagt der SVP-Nationalrat. Man habe sich aber stets gegenseitig geschätzt, eine freundschaftliche, aber auch sportliche Gesprächskultur gepflegt. Bei gemeinsamen Anlässen sei es sogar vorgekommen, dass er ihr Fleisch vom Teller gegessen habe und sie sein Gemüse.