[Schaffhauser Nachrichten] «Wir stehen hinter unseren Spitälern»

Die Rechtsanwältin Marlis Pfeiffer und SVP-Ständerat Hannes Germann engagieren sich im neu gegründeten «Verein Zukunft Spitäler Schaffhausen». Ein Gespräch über ihre Beweggründe und die Ziele des Vereins – und seine Rolle in der anstehenden politischen Debatte.

Von Mark Liebenberg

Marlis Pfeiffer und Hannes Germann sind die Co-Präsidenten des neu gegründeten Vereins «Zukunft Spitäler Schaffhausen». Bild: Roberta Fele

Der Verein «Zukunft Spitäler Schaffhausen» ist eine Art Fanklub für das Schaffhauser Kantonsspital. Frau Pfeiffer, wie kam es zur Gründung dieses Vereins?

Marlis Pfeiffer: Der Anstoss kam von Stefan Balduzzi, der die Idee schon länger mit sich herumgetragen hatte. Angesichts bevorstehender Weichenstellungen war der Zeitpunkt nun richtig, aktiv zu werden.

Ein Unterstützungsverein für ein Spital – ist das nicht eher aus der Welt des Sports oder der Kultur bekannt?

Hannes Germann: Natürlich ist das kein Fanklub, der in der Kurve für den FC singt (lacht). Aber wir möchten einfach sichtbar machen, wie wichtig die Spitäler für die Bevölkerung sind. Eine Infrastruktur, die alle à jour halten möchten. Gerade jetzt, wo grosse Entscheidungen anstehen, braucht es eine Stimme aus der Zivilgesellschaft.

Wen möchten Sie mit dem Verein erreichen?

Pfeiffer: Wir wollen möglichst viele Menschen ansprechen – Einzelpersonen, Familien, Unternehmen. Ich finde den Begriff «Fanklub» gar nicht so falsch: Wir stehen hinter unseren Spitälern und möchten das auch zeigen.

Geht es dabei auch um finanzielle Unterstützung? Und falls ja: Zu welchem Zweck?

Germann: In erster Linie soll der Verein von den Mitgliederbeiträgen getragen werden – mit bewusst tiefen Ansätzen: 30 Franken für Einzelpersonen, 50 für Familien, 250 für Unternehmen. Es geht darum, Menschen in unserer Grossregion zu erreichen, die finden, die Spitäler sind eine wichtige Institution. Und es geht auch darum, den politischen Prozess zu unterstützen, der jetzt läuft. Aber wir mischen uns natürlich nicht in die politischen Details ein.

Die Gründung fällt kaum zufällig in eine heisse politische Phase: Im Herbst wird es zur Volksabstimmung über die SP-Spitalinitiative und den Gegenvorschlag des Regierungsrats kommen, welcher sogar noch weiter geht. 70 Millionen Franken sollen aus der Staatskasse à fonds perdu für den Spitalneubau fliessen, dazu ein Darlehen von 60 Millionen Franken. Welche Rolle wird der Verein in dieser Phase einnehmen?

Germann: Ja, den Verein haben wir nicht zufällig jetzt ins Leben gerufen. Aber der Verein ist nicht als Abstimmungskomitee gedacht. Wir haben festgelegt, dass wir keinen Abstimmungskampf bestreiten werden aus dem Verein heraus. Wir wollen langfristig bestehen – über die aktuelle Diskussion hinaus. Denn auch künftig wird es Situationen geben, in denen eine breite Unterstützung für die Spitäler wichtig ist.

Ist der Verein also eher eine Art Debattierklub zur Zukunft der Spitäler?

Pfeiffer: Wir sind ganz frisch gestartet, daher gibt es noch keine geübte Diskussionskultur. Aber der Verein soll auch kritische Auseinandersetzungen über die anstehenden Diskussionen ermöglichen. Ziel ist, dass wir als Zivilgesellschaft unsere Unterstützung sichtbar machen und dies auch gegen aussen vertreten.

Vertreten Sie beide denn eine einheitliche Haltung, zum Beispiel zum Gegenvorschlag der Regierung?

Germann: Ich verfolge die Debatte natürlich sehr genau und begrüsse den gefundenen Kompromiss. Es geht um viel – um 1700 Arbeitsplätze, Ausbildungsmöglichkeiten und zentrale Gesundheitsleistungen: 90’000 ambulante Behandlungen, 11’500 stationäre Eintritte, 29’000 Notfälle, 600 Geburten pro Jahr. Diese Infrastruktur verdient es, erhalten und damit erneuert zu werden.

Pfeiffer: Auch ich habe das Gefühl, dass es momentan einen breiten Konsens gibt. Der Gegenvorschlag wurde gründlich erarbeitet, unter Einbezug von Gutachten. Die Gesundheitskommission hat sich sehr detailliert mit dem Projekt befasst.

Nun gibt es aber auch Stimmen, die sagen, der geplante Neubau – der mit 330 Millionen Franken ja auch viel teurer wird als ursprünglich kommuniziert – sei für ein Regionalspital überdimensioniert. Sind solche Stimmen im Verein fehl am Platz?

Pfeiffer: Nein, Kritik gehört dazu. Zurzeit spüre ich jedoch wenig Widerstand. Wichtig ist Transparenz: Wer weiss, wofür die Mittel verwendet werden, kann Vertrauen fassen. Das wurde in letzter Zeit gut gemacht.

Ist es demnach Aufgabe des Vereins, das Projekt der Bevölkerung noch besser schmackhaft zu machen?

Germann: Es wird wohl Kooperationen mit dem Kantonsrat und Parteien geben, um die Bevölkerung umfassend zu informieren. Es geht nämlich um eine wichtige Frage: Darum, ob wir diese Leistungen weiterhin im eigenen Kanton anbieten können.

Frau Pfeiffer, Sie sprechen gegenüber der Plattform «Medinside» davon, dass sich der Verein für eine «bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung» einsetze. Ist das aktuelle Projekt bedarfsgerecht?

Pfeiffer: Davon bin ich überzeugt. Es gibt eine Bedarfsanalyse, insbesondere für die stationären Bereiche. Wir können den Einschätzungen der Fachleute vertrauen.

Germann: Es geht ja nicht um Spitzenmedizin, sondern um notwendige Leistungen für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung. Das Spital kooperiert bereits heute mit sieben Häusern und führt 30 Partnerschaften. Das zeigt, dass der eingeschlagene Weg stimmt, und das Projekt passt auf unsere Bevölkerung zu 100 Prozent. Das hat auch mich überzeugt, mich im Verein zu engagieren.

Die Frage ist bloss, wer es bezahlt. Vor zehn Jahren hiess es noch, die Spitäler können und müssen ihre Investitionen selbst tragen. 2014 wurden ihnen deshalb per Volksabstimmung die Gebäude überschrieben und das Kapital aufgestockt. Schmerzt es Sie als Bürgerlicher nicht, dass nun der Staat mit einer so hohen Summe einspringen soll?

Germann: Nein. Das System hat sich gewandelt. Spitäler haben Mühe, ihre Leistungen angesichts der Tarifsysteme rund um die Uhr bereitzustellen. Und darum sind die Kantone nun auch in der Verpflichtung, Unterstützung zu leisten. Die Leistungen, die wir hier als Patientinnen und Patienten beziehen, müssten ja sonst anderswo erbracht werden. Wollen wir für alle Behandlungen, die wir hier machen können, nach Zürich fahren und uns einbilden, es käme irgendwie günstiger? Wir sollten mehr Mut zu regionalen Lösungen haben.

Also: Strukturerhalt um jeden Preis?

Germann: Nein, aber entscheidend ist doch, was die Menschen in unserer Versorgungsregion benötigen. Ein Spital für die Grundversorgung und eine 365-Tage-Notfallinfrastruktur ist doch gerechtfertigt.

Das Neubauprojekt zieht sich nun schon über fast zehn Jahre hin. Drei Spitalratspräsidenten, vier Direktoren und mehrere Projektleiter kamen und gingen. War das Projekt bisher gut gemanagt?

Pfeiffer: Es war zweifellos turbulent. Es lohnt sich gewiss immer, zurückzublicken und aus Fehlern zu lernen. Mich interessiert aber mehr, die heutige Situation anzuschauen und zu fragen, wie gehen wir weiter? Heute haben wir gute Leute, hohe Fachkompetenz und ein solides Projekt. Ich bin überzeugt, dass wir damit eine zukunftsfähige Lösung schaffen.

Danke Ihnen beiden für das Gespräch.

Der Verein «Zukunft Spitäler Schaffhausen (ZSS)» führt am Mittwoch, 18. Juni, um 19 Uhr im Pavillon im Park in Schaffhausen eine öffentliche Veranstaltung mit einem Referat der SRF-Reporterin Luzia Tschirky durch. Der Titel: «Gesundheitsversorgung unter Beschuss – wie Russland gezielt Spitäler in der Ukraine angreift».