Schaffhauser Nachrichten: Zu viele Freiheiten für wenige Gewaltbereite

Die Anhänger des FC Zürich hinterliessen nach ihrem Marsch durch die Berner Innenstadt am Ostermontag eine Spur der Verwüstung und massive Sachschäden. Bild Key
Die Anhänger des FC Zürich hinterliessen nach ihrem Marsch durch die Berner Innenstadt am Ostermontag eine Spur der Verwüstung und massive Sachschäden. Bild Key

Der Cupfinal in Bern ist ein Höhepunkt – leider nur aus sportlicher Sicht. Für einen weiteren Tiefpunkt haben die Hooligans gesorgt. Sie geniessen zu viele Freiheiten und von zu vielen im Umfeld des Fussballs einen unverständlich grossen «Schutz».

Von Hannes Germann

Die Anhänger des FC Zürich hinterliessen nach ihrem Marsch durch die Berner Innenstadt am Ostermontag eine Spur der Verwüstung und massive Sachschäden. Bild Key
Die Anhänger des FC Zürich hinterliessen nach ihrem Marsch durch die Berner Innenstadt am Ostermontag eine Spur der Verwüstung und massive Sachschäden. Bild Key

Wie weiter? Das fragt man sich nach dem schwarzen Montag von Bern. Eine aufgepeitschte Meute fällt über den Gastgeber, die Stadt Bern, her. Bedroht Unbeteiligte, schlägt alles kurz und klein, plündert, prügelt – Chaos total. Die Polizei und das private Personal sind überfordert. Alle Mechanismen versagen, einmal mehr. Eine Schande für unser Land!

Gross ist die Empörung landauf, landab. Die Journalisten schreiben sich die Finger wund. Das Spektrum reicht von «Jetzt reicht’s!» bis zu den üblichen Analysen und Erklärungen, was echte Fans sind und was unter Ultras, Capos, Hooligans und Normalos zu verstehen ist. Und warum Fanbetreuung ebenso regelmässig versagt wie sogenannte Vereinbarungen mit der Polizei. Bern hat genug von diesen immer gleichen Diskussionen, will den Cupfinal nicht mehr und fordert Geld. Als langjähriger Aktiver, Hobbyfussballer und regelmässiger Matchbesucher zähle ich zu jenen Fans, die einfach Freude am Sport haben. Im Fachjargon würde man meinesgleichen wohl den Kategorien «echter Fans» oder «Normalos» zuordnen. Als solcher kann man nur fassungslos den Kopf schütteln – und das Herz blutet. Das haben wir doch alles schon x-fach gehabt. Musste denn das sein? Natürlich nicht. Zehntausende von holländischen Fans haben es uns anlässlich der Euro in der Berner Altstadt und auf dem Bundesplatz eindrücklich vor Augen geführt. Es geht selbst mit reichlich Bier absolut friedlich! Auch in England gehören die schlimmsten Hooligan-Zeiten der Vergangenheit an. Während bei uns diskutiert wird, hat man andernorts längst gehandelt. Die Tatsache, dass die Politik es bisher nicht geschafft hat, gewaltbereite Chaoten in rechtliche Schranken zu verweisen, muss zu denken geben. Einfach zur Tagesordnung überzugehen, wäre der nächste politische Fehler. Zu sehr hat man sich auf das Hooligankonkordat der Kantone und auf das Gespräch und die Vereinbarungen mit Fanbeauftragen verlassen. Kommen die vermummten Schlägertrupps, sind Letztere zu oft überfordert. Wir müssen es schaffen, gegenüber der steigenden Gewaltbereitschaft klare Zeichen zu setzen und eine Nulltoleranz zu fahren. Auf Bundesebene müssen ergänzende Massnahmen geprüft werden. Stichworte: resolutes Vorgehen gegen Vermummte, nationale Datenbank mit Wiederholungstätern, Präventivhaft zur Vermeidung von Gewaltexzessen usw. Auf jeden Fall muss das geltende Strafrecht resolut durchgesetzt werden. Die Polizeikorps sind gefordert, Gefahren frühzeitig abzuwehren und zu verhindern. Denn die sogenannten Schwarzen Blöcke, egal ob bei Sport- oder anderen Anlässen («Tanz dich frei» oder andere Demos), agieren wie die organisierte Kriminalität. Bestens vernetzt, kümmern sie sich weder um kantonale Grenzen noch um Kom- petenzgerangel zwischen Behörden, Polizei, Clubs und Verbänden. Im Gegenteil, Gesetzeslücken und zu grosse Toleranz werden gnadenlos ausgenutzt. Und solange höchstens dem Polizeibeamten eine Strafe droht, die Kriminellen indes unbehelligt bleiben oder noch am selben Abend wieder auf freiem Fuss sind, wird sich wenig ändern. Aber Politik und Polizei können die Misere nicht im Alleingang beheben. Es braucht ein Umdenken bei den Clubs. Solange stereotyp wiederholt wird: «Unsere Fans tun so etwas nicht, es waren Mitläufer», bessert sich die Situation nicht. Fanarbeit darf nicht heissen, dass die «Fans» durch dick und dünn verteidigt werden. Gefordert ist darum auch der Fussballverband. Der europäische Verband Uefa hat mit der Stadionsperre gegen Basel ein klares Zeichen gesetzt. Handelt unser Verband nicht, werden über kurz oder lang die Städte und Gemeinden – wie von Bern in Aussicht gestellt – zum Handeln gezwungen.

Hannes Germann (SH, SVP) ist Präsident des Ständerates im Jahr 2013/14.