Der Ständerat beschliesst neue Regeln zum Anlegerschutz.
- Der Ständerat hat als Erstrat das neue Finanzdienstleistungs- und Finanzinstitutsgesetz (Fidleg und Finig) behandelt.
- Die beiden Gesetze wurden von der kleinen Kammer gutgeheissen.
- Fidleg und Finig sollen den Anlegerschutz erhöhen und neue Regeln für Finanzdienstleister einführen.
- Doch von einer Verschärfung der Regeln gegenüber den Finanzdienstleistern ist nichts zu spüren.
- Das Geschäft geht nun in den Nationalrat.
In der Debatte zu den beiden Gesetzesvorlagen Fidleg und Finig zur Regulierung der Finanzinstitute und dem Anlegerschutz herrschte zwar zwischen Ständerat und Bundesrat einhellige Einigkeit. So akzeptierte der Bundesrat zum einen praktisch die Änderungsvorschläge der kleinen Kammer, und zum anderen wurden in der Detailberatung die Minderheitsanträge fast alle abgelehnt. Das Ziel, den Anlegerschutz zu erhöhen, ist jedoch nicht erreicht worden. Die Finanzbranche hat hier wohl erfolgreich dem Papiertiger die Zähne gezogen.
Bereits in der Eintretensdebatte stellte man fest: Es geht hier vor allem um den Konsumentenschutz, der gestärkt und gefördert werden müsse, meinte bereits der Kommissionsprecher Ständerat Martin Schmid (FDP/GR). Mit dem Finanzdienstleistungsgesetz (Fidleg) und vor allem dem Finanzinstitutsgesetz (Finig) sollen auch kleine Finanzdienstleister die Möglichkeit erhalten, tätig zu sein, und gleichzeitig solle Privatkunden eine fundierte Anlageentscheidung fällen können, wie Schmid weiter erläutert.
Gesetze ohne «Swiss finish»
Unter dem Eindruck eines anderen Geschäfts, welches das Parlament in dieser Session zu behandeln hatte, nämlich der Umsetzung der Zuwanderungsinitiative, führte Ständerat Hannes Germann (SVP/SH) den Begriff «Rückweisung light» ein: «Light-Produkte sind im Trend.» Damit sprach er den eher unüblichen Vorgang zur Behandlung des Gesetzes in der Kommission an. Das Gesetz, welches der Bundesrat vorgelegt hatte, sei inakzeptabel gewesen, und daher habe die Kommission zuhanden des Bundesrates Vorschläge zur Entschlackung vorgelegt. Die nun vorliegende Version sei wesentlich besser. Schmid sieht den Grund darin, dass auf einen «Swiss finish» verzichtet worden sei.
In seiner Replik meinte dann der zuständige Finanzminister Ueli Maurer, dass man die Vorlage zwar eine «Rückweisung light» nennen könne, es gebe aber dennoch Unterschiede, mit welchen sich der Bundesrat weitestgehend einverstanden erklären könne. «Es ist eine schweizerische Vorlage, und auch im internationalen Bereich kann sich das Gesetz sehen lassen,» betont Maurer. Zudem habe man den Vorteil, dass mit dieser Gesetzgebung die Voraussetzungen für die Fintech-Branche geschaffen wurden.
Finanzplatz Schweiz ist nicht zu vernachlässigen
Nach diesem kleinen Intermezzo ging man wieder in medias res: Die beiden Gesetze seien wichtig, betonte wiederum Germann. Einen Markt mit 61 Milliarden Franken Wertschöpfung könne nicht missachtet werden. Schliesslich stehe der Finanzplatz Zürich an siebter Stelle und der Finanzplatz Genf an 15. Stelle von den wichtigsten Finanzplätzen – letzterer rangiere gar vor Frankfurt.
Auch der Solothurner Ständerat Pirmin Bischof (CVP) betonte die Wichtigkeit des Gesetzes. « Wir haben hier die Kerngesetzgebung für den Finanzbranche für die nächsten zehn Jahre vor uns.» Daher sei eine Zurückweisung der Vorlage an den Bundesrat der Finanzbranche nicht dienlich gewesen, betont Bischof weiter.
Enttäuschte Rats-Linke
Auch Ueli Maurer zeigte sich entspannt und zufrieden mit der vorliegenden Gesetzvorlage: mit den beiden Gesetze erhalten Anleger und Finanzinstitute gleich lange Spiesse im In- und Ausland.
Kritische Voten gab es in der ganzen Debatte kaum. Einzig Minderheitsvertreter Christian Levrat (SP/FR) bemängelte, dass das Gesetz kaum zugunsten der Konsumenten ausfallen werde. Er erinnerte daran, dass es darum gegangen sei, die Kunden besser zu schützen. Dieses Ziel werde nun aber nicht erreicht. Auch enthalte die Vorlage keinerlei Verbesserungen für Geschädigte vor Gericht. Dabei seien sich nach dem Kollaps von Lehman Brothers alle einig gewesen, dass Änderungen nötig seien.
Levrat zog auch in Zweifel, dass die Regeln äquivalent mit jenen der EU sind. Und er kritisierte Bundesrat Maurer, der sich mit der Verwässerung einverstanden gezeigt habe. Maurer widersprach ihm in seinem Votum: Die Ziele des Bundesrates sind in der 300 Seiten starken Gesetzes-Fahne nach wie vor enthalten.
Entscheid im Sinne der Branche
Sämtliche Einwände der Rats-Linken unterlagen aber fast ausschliesslich. Der Ständerat folgte beim Fidleg und dem Finig praktisch im Sinne seiner vorberatenden Kommission und der Branchenorganisationen. Einzig bei der Beweislast wurden die Spiesse umgekehrt. Wenn der so genannte «Beipackzettel», also die Basisinformation für den Anleger, unrichtig oder irreführend ist, liegt die Beweislast künftig bei der Bank: Sie muss beweisen, dass sie keine Schuld trifft. Hier hatte sich der Vorschlag des Bundesrates durchgesetzt, und Bischof sprach hier von einer «Lex Lehman Brothers». Die Kommission hatte die Beweislast beim Kunden belassen wollen.
Zum Bankeninsolvenzrecht verlangt der Ständerat eine separate Vorlage. Er folgte seiner Kommission und beschloss, einen Teil der Finig-Vorlage auszugliedern und an den Bundesrat zurückzuweisen. Die Gesetze gehen damit an den Nationalrat.