
Günther Oettinger und Hannes Germann in Tengen auf dem Podium
Tengen (swb). Hannes Germann hatte bei seinem Auftritt zur 40. Mittelstandskundgebung im Tengener Festzelt gleich einen Scherz zur Begrüßung mitgebracht, denn sein Nachname werde im Ausland gerne mit einer Nationalität verwechselt, doch in Englisch müsse er doch immer sagen er sei „Suiss“ und „German“.
Man spreche eine gemeinsame Sprache, ober doch gebe es beträchtliche Unterschiede, denn die Schweizer seien einfach immer auf der Suche nach Kompromissen, deshalb würde manches Länger gehen, aber sei dann vielleicht nachhaltiger. Wenn der damalige Bundespräsident Weizsäcker gesagt habe, dass die Schweizer einfach alle Fehler 10 Jahre später machen würden, so müsse er sagen dass er stolz darauf sei, dass die Schweizer dem Beitritt zur EU schon länger als 10 Jahre wiederstanden hätten. Germann vertrat den klaren Standpunkt, dass ihm sein System viel lieber sei, bei dem der größte Teile von Problemen vor Ort gelöst würden. Da sei ihm Brüssel viel zu weit weg. „Für uns als Grenzregion ist Baden-Württemberg, schon alleine wegen der 60.000 Grenzgänger, bedeutender als die USA.“
Die knappe Zustimmung zur Einwanderungsinitiative am 9. Februar, die von seiner SVP initiiert wurde, konnte Germann natürlich nicht ausklammern. Es gebe einfach knapp 25 Prozent Ausländer, da treibe die Menschen um. Die Politik habe nun die Aufgabe das beste daraus zu mache. „Mal Hand auf Herz, wie hätten sie entschieden“, fragte Germann in die Menge des Festzelts hinein. Man werde sicher nicht den bilateralen Weg verlassen, versicherte der Ständeratspräsident. Allerdings habe die Schweizer Bundesregierung eben doch das Mandat, dass es der Schweiz eben durch Veränderungen des Freizügigkeitabkommens möglich gemacht werden müsse, die Zuwanderungen auf ein ihr verträgliches Maß zu verändern. „Ich erwarte harte, aber letztlich faire Verhandlungen“, blickt Germann hier in die nähere Zukunft.
Nicht zur EU, aber zur regionalen Vernetzung zwischen den Ländern, zeigte sich Germann offen für Einiges: „Ich werde mich dafür einsetzen, dass die Kantone wegen der Grenzgänger mehr Kompetenzen erhalten, denn sie kennen ihre Bedürfnisse am besten, versprach Hannes Germann. Und: „Wir brauchen ihre Arbeitskraft, und die deutschen brauchen ihren Arbeitsplatz in der Schweiz.“
„Auch die Schweizer leiden unter dem Fluglärm vom Flughafen Zürich“, unterstrich Germann, allerdings sei der Ratifizierungsprozess durch die deutsche Regierung abgesetzt worden. Für eine Lösung gehöre auch der Kanton Schaffhausen zum nördlichen Einzugsbereich des Flughafen Zürich, deshalb sei man in einer Schicksalsgemeinschaft und deshalb an der selben Lösung interessiert. Die neuen Vorstöße des Flughafen Zürich hält Hannes Germann für ein gutes Zeichen.
Günther Oettinger hielt mit einem Plädoyer für Europa dagegen. Selbst wenn man die Schweiz und Baden-Württemberg zusammen zählen würde, wäre man noch kleiner als Shanghai.“ Deutschland und die Schweiz haben in der Welt keine Bedeutung“, griff Oettinter sein Lieblingsthema auf, denn mit einem Prozent der Weltbevölkerung hätte man auch in keiner Aktiengesellschaft ein Stimmrecht.
Europa sei ein Kontinent, richtete Oettinger zu Hannes Germann. Und derzeit sei Europa ganz aktuell gefordert durch die ganzen Krisenherde in der Umgebung. Jetzt müsse Deutschland in Europa zeigen, dass man nicht nur die S-Klasse sondern auch Werte exportieren könne. Hier müsse der ganze Kontinent eine Antwort finden, wie der auf die Krisen in der Nachbarschaft reagiere.
Doch schnell wechselte er immer wieder in die Deutsche Politik: Die Rente mit 63 kritisierte er scharf, den Deutschen ginge es einfach derzeit zu gut, was mit Pfiffen quittiert wurde. Man sei in Deutschland in einem Energie-Romantiktal aber nicht wirklich effizient, spielte Oettinger auf die Disskussionen zur Energiewende an.
Oettinger war schon verspätet in Tengen eingetroffen und auch dort lauerten viele Journalisten auf Aussagen zu seinem neuen Amt als Technologie- und Digitalkommissar in Brüssel. Auch nach der Kundgebung war er bald wieder verschwunden. Zur Internet-Versorgung von Tengen hatte er allerdings noch den dringenden Hinweis parat, dass eine Verbesserung hier existenziell sei.