Sie sind nicht laut, prägen aber die wichtigsten Geschäfte im Bundeshaus entscheidend. Ständeräte der Mitte und der FDP schwingen im Einfluss-Ranking obenaus. Hier erklären sie ihre Erfolgsrezepte.
Von Christof Vuille
Darum gehts
- Eine Auswertung der Arbeit von Parlamentariern und Parlamentarierinnen zeigt, dass Ständeräte deutlich mehr Einfluss haben als Nationalräte.
- Die Pol-Parteien SP, Grüne und SVP liegen zurück. An der Spitze figurieren Vertreter der Mitte-Partei und der FDP.
- Die Top-Platzierten Erich Ettlin, Benedikt Würth, Peter Hegglin (alle Mitte) und Damian Müller (FDP) erklären ihr Erfolgsgeheimnis.
Wer hat in Bundesbern das Sagen und lenkt somit die Zukunft der Schweiz? Eine detaillierte Auswertung zeigt: Die acht einflussreichsten Parlamentarier politisieren allesamt im Ständerat. An der Spitze liegt der Obwaldner Erich Ettlin, was ihn überrascht. Denn es sei schwierig, sich selbst einzuschätzen. «Der politische Einfluss von mir hat sicher damit zu tun, dass ich in der kleinen Kammer politisiere, wo schon aufgrund der Zahl der Parlamentarierinnen und Parlamentarier das Gewicht des Einzelnen grösser ist», analysiert Ettlin. Er habe das Glück, in wichtigen Kommissionen zu sitzen, welche in den letzten Jahren zentrale Themen behandelten.
«Sachkompetenz und Engagement sind zentral für Einfluss»
Ettlin sitzt unter anderem in der Wirtschafts-, Finanz- und Gesundheitskommission, letztere präsidiert er gar. Der zweifache Familienvater sagt, dass die entscheidende Arbeit hinter verschlossenen Türen in den vorberatenden Kommissionen stattfinde. «Im Parlamentsalltag geht es nicht darum, wer wie viel öffentlich aufgetreten ist, sondern welche Sachkompetenz und welches Engagement man in den Kommissionen und im Rat an den Tag legt», erklärt er.
Es sei nicht zielführend, einen politischen Vorstoss medial anzukündigen. Für die stillen Schaffer sei es einfacher, bei anderen Mehrheiten und Akzeptanz zu finden. Diese fand er mit seiner Art der Politik auch in Nebenämtern. So sitzt Ettlin in sieben Verwaltungsräten – unter anderem bei der Krankenkasse CSS.
«Extrempositionen führen nicht zu guten Lösungen»
Ettlins Partei- und Ratskollege Benedikt Würth, der auf Rang zwei gelandet ist, sagt: «Wenn ich Politik mache, will ich Wirkung erzielen.» Andere würden knackige Vorschläge lancieren, die in den Medien auf grosse Aufmerksamkeit stiessen, «im parlamentarischen Prozess aber von vornherein keine Chance haben», sagt Würth mit einem Seitenhieb gegen die Pol-Parteien.
EINFLUSS-RANKING
So funktioniert die Untersuchung
BCW ist eine weltweit tätige Agentur für Public Affairs und Kommunikation. Mit dem Index wurde der Einfluss aller Parlamentarier und Parlamentarierinnen im Ratsbetrieb und in der Öffentlichkeit datenbasiert gemessen. Dazu wurden über eine Million Datenpunkte ausgewertet. Beim öffentlichen Ranking spielen etwa die Medienpräsenz und der Auftritt sowie die Anzahl Follower und Followerinnen auf Social Media eine wichtige Rolle. Beim Einfluss innerhalb des Parlaments wurden Faktoren wie die Anzahl und die Wichtigkeit der Kommissionen, in denen die Parlamentarier und Parlamentarierinnen sind, ihre Aktivität – wie oft beteiligen sie sich an Diskussionen und Abstimmungen? –, ihr Erfolg bei Abstimmungen, ihr Dienstalter und weitere gemessen und gewichtet. «So konnten wir die Komplexität auf einen Wert reduzieren und gleichzeitig ein Höchstmass an Informationen bewahren», sagt Dominik Banny, Leiter Public Affairs Schweiz von BCW.
Viele der einflussreichen Ständeräte betonen, dass mediale Aufmerksamkeit nicht zwingend sei, um Einfluss auszuüben. «Extrempositionen führen wohl zu Schlagzeilen in den Medien, aber nicht zu guten Lösungen», erklärt etwa der Zuger Peter Hegglin, der im Ranking auf Rang fünf angesiedelt ist.
FDP-Müller: «Politik ist ein People-Business»
Der einflussreichste Nicht-Mitte-Politiker ist der Luzerner Ständerat Damian Müller. Er sieht Vorstösse als eines von vielen Mitteln. «Bevor ich aktiv werde, befasse ich mich mit der Sache, sondiere das Umfeld von betroffenen Organisationen und nehme bei den anderen Parteien bereits den Puls, ob eine Mehrheit realistisch ist», erklärt er. Zentral für die Arbeit im Bundeshaus sei auch der menschliche Umgang mit allen Anspruchsgruppen. «Denn Politik ist ein People-Business», so Müller.
Die wichtigsten Erkenntnisse
Ein Trost für die Pol-Parteien: Mit Carlo Sommaruga (SP/GE) auf Rang drei und Hannes Germann (SVP/SH) auf Platz sieben sind auch sie in den Top 10 vertreten. Einflussreichste Vertreterin der Grünen ist Maya Graf auf Rang elf. Sie ist damit auch die «erfolgreichste» Frau unter der Bundeshauskuppel.
Link zur Online-Version:
=> MACHT IM PARLAMENT: Diese grauen Mäuse dominieren die Schweizer Politik