Schaffhauser SVP-Exponenten haben wenig Sinn für Adolf Ogis Aufruf, sich gegen den Blocher-Kurs aufzulehnen. Hannes Germann könnte aber neuen Flügelkämpfen Positives abgewinnen.
Von Sidonia Küpfer
SCHAFFHAUSEN Wird die SVP zu extrem? Sollten sich die Gemässigten gegen den Blocherkurs auflehnen? Und nimmt sich die Partei mit ihren jüngst angekündigten Initiativen zur Asylpolitik und zum Völkerrecht selbst aus dem Rennen für einen zweiten Bundesratssitz? Seitdem alt Bundesrat Adolf Ogi (SVP) am Wochenende in der Sonntagszeitung zu einem Aufstand gegen den Blocher-Kurs aufgerufen hat, werden diese Fragen diskutiert. Bei Schaffhauser SVP-Exponenten ist das Bedürfnis nach einer Palastrevolution aber nicht vorhanden.
Aus Germann wird kein Anti-Blocher
Der Schaffhauser Ständeratspräsident Hannes Germann gehörte zu denjenigen, die Ogi als «vernünftige SVPler» bezeichnete, die sich gegen Christoph Blocher auflehnen müssten. So richtig Freude mag bei Germann darüber aber nicht aufkommen: «Ich brauche das nicht, und schon gar nicht während meines Präsidialjahres. Streitereien verunsichern die Leute primär.» Könnte aus Germann ein parteiinterner Anti-Blocher werden? Der Opfertshofer winkt ab. Er wolle gute Politik vor allem für den Stand Schaffhausen machen, aber weder für noch gegen jemanden politisieren, sondern die Kräfte bündeln und auf seine Ziele fokussieren. Fast scheint es so, als wolle Ogi die alten Kämpfe zwischen Berner Flügel und Zürcher Flügel wieder lancieren. Seit der Gründung der BDP hatten diese Diskussionen stark abgenommen. Diesen Eindruck hat auch Germann, und er kann diesem Ansinnen durchaus Positives abgewinnen: «Während dieser Flügelkämpfe erlebte die SVP ihren grössten Aufschwung», sagt er. Früher habe man parteiintern stärker um Positionen gerungen. Das sei gut gewesen, und das würde er sich auch künftig wieder vermehrt wünschen: «Wenn man intern heftig diskutiert und etwas beschlossen hat, vertritt man diesen Entscheid auch lieber gegen aussen, als wenn ein Beschluss von oben verordnet wird.»
Von Medien aufgebauscht
Für SVP-Nationalrat Thomas Hurter ist die Diskussion primär medial aufgebauscht. Auseinandersetzungen in der Partei gehörten zum Alltag und seien wichtig für die Meinungsbildung. Dass die SVP drohe zu extrem zu werden, findet Hurter ebenso wenig, wie dass der Partei die gemässigten Köpfe verloren gingen. Doch zu welchem Flügel zählt er sich eigentlich selbst? Er sei ein wirtschaftsfreundlicher SVP-Politiker «mit einer gesunden Einstellung zu einer möglichst autonomen Schweiz mit mündigen Bürgerinnen und Bürgern», sagt Hurter den SN. Als Pilot sei er weltoffen und gesellschaftspolitisch eher liberal. Wenig kann er allerdings der neusten Idee seiner Partei für ei- ne neue Asyl-Initiative abgewinnen: «Flüchtlinge, die mit Flugzeugen in die Schweiz kommen, gehören kaum zu den leidtragenden Flüchtlingen.» Allerdings sei es notwendig, dass Wirtschaftsflüchtlinge nicht einfach in die Schweiz einreisen könnten. Und die vom Volk angenommene Ausschaffungs-Initiative gelte es endlich umzusetzen. Auf Parteilinie ist Hurter hingegen bei der angedachten Volksinitiative «Landesrecht vor Völkerrecht»: «In den vergangenen Jahren ist man in der Schweiz leider dazu übergegangen, blindlings nicht zwingendes Völkerrecht als verbindlich anzusehen, anstatt wir früher den gesunden Menschenverstand walten zu lassen und die Souveränität des nationalen Gesetzgebers zu respektieren.» Insofern bedeute die Initiative eine Rückbesinnung auf frühere Praxis, die auch das Bundesgericht gestützt hatte. Die genaue Umsetzung der Initiative sei aber noch zu prüfen.
Vernünftige versus Blocher-Treue?
«Ogi war mir persönlich immer sympathisch. Warum er aber das EU-Beitrittsgesuch als Bundesrat unterstützt hat, habe ich nie begriffen», sagt Pentti Aellig. Der Dörflinger Gemeindepräsident steht seit April interimistisch an der Spitze der Schaffhauser SVP. Droht der SVP nach Ogis Aufruf nun ein Richtungsstreit? «Die Aufspaltung in vernünftige SVPler und Blocher-Anhänger verstehe ich nicht und auch diesen angeblichen Richtungsstreit gibt es in meinen Augen nicht.» Das klar positionierte Parteiprogramm stosse intern in der Parteibasis auf hohe Akzeptanz. Dass nun mit Hannes Germann ein Mitglied seiner Kantonalsektion aufgerufen wurde, gegen Blocher zu rebellieren, stört Aellig kaum. Hannes Germann politisiere gemässigt und sei für einen SVPler eher ein Brückenbauer. Deshalb erziele er bei Wahlen jeweils auch hohe Stimmenanteile. «Aber er hat sich beispielsweise klar gegen das EU-Beitrittsgesuch ausgesprochen. Da haben wir einen Konsens.»
Kein Schaffhauser Rechtsruck
Aellig gilt nicht zuletzt aufgrund seiner SN-Kolumnen als SVP-Hardliner. Wird die Schaffhauser SVP nach rechts rücken? Aellig verneint. Unter seiner Parteiführung werde es keinen Rechtsruck geben. «Aber wir bleiben die Schaffhauser Partei, die gegen zu viel Staat und den schleichenden EU-Beitritt kämpft.» Seine Partei würde die SVP-Asyl-Initiative, wenn sie denn einst im Wortlaut vorliege, sicher unterstützen. Aber darin werde gewiss nicht stehen, dass die Schweiz nur noch Flüchtlinge, die per Flugzeug einreisen, aufnehmen solle, sondern dass das Dublin-Abkommen von den Schweizer Nachbarländern endlich eingehalten werden solle, sagt Aellig. Die Initiative «Landesrecht vor Völkerrecht» sei in seinen Augen die noch wichtigere der beiden Vorlagen. Könnten die umstrittenen SVP-Initiativen zur Hypothek im aktuellen Schaffhauser Stadtratswahlkampf werden? Das glaubt Aellig nicht. Die Asyl-Initiative könnte nur schaden, wenn sie gegen humanistische Grundsätze verstossen würde. Aber das werde sie in ihrer definitiven Fassung sicher nicht.