Schaffhauser Bock: Steuervögte hebeln den Gesetzgeber aus

Gastkolumne im Schaffhauser Bock

von Hannes Germann

Es werden unvermittelt böse Erinnerungen an die Einführung des neuen Lohnausweises geweckt. «Heimliche Verdreifachung der Vermögenssteuer für Inhaber von kleinen und mittleren Unternehmen»: Dieser Hilferuf aus der Praxis erreicht Bundesbern just zu Beginn der dritten Sessionswoche. Ich habe das Anliegen aufgenommen und vorerst in Form einer Interpellation im Ständerat eingereicht. Auslöser für den Sturm der Entrüstung ist ein Verdikt der Schweizerischen Steuerkonferenz (SKS), die im Vollzug der Steuergesetzgebung eine nicht zu unterschätzende Rolle hat. Mit der neuen «Wegleitung zur Bewertung von Wertpapieren ohne Kurswert für die Vermögenssteuer» hat die SKS übers Ziel hinaus geschossen.

Heftigster Streitpunkt ist die Abkehr von der bewährten Grundformel für die steuerliche Bewertung von KMU. Heute gilt als Basis: Summe aus doppeltem Ertragswert plus Substanzwert dividiert durch 3. Neu soll als Mindestwert einer KMU stattdessen der «Substanzwert zu Fortführungswerten» gelten. Das führt bei einer Unternehmung, die keinen Ertrag erwirtschaftet, theoretisch zu einer Verdreifachung der Vermögenssteuer. Bestraft werden durch die Neuregelung also vorab ertragsschwache Betriebe.

Diese Abkehr vom verfassungsmässigen Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist mehr als fragwürdig. Gesetzgeber ist das Parlament – mit dem Segen des Volkes. Daran dürfen weder Kreisschreiben der Steuerverwaltung noch Wegleitungen etwas ändern. Man wird den Verdacht nicht los, dass sich in der ansonsten als vernünftig geltenden SKS die Steuervögte aus den Hochsteuerkantonen durchgesetzt haben. So oder so ist Remedur angesagt. Wir dürfen gespannt sein auf die Antwort des Bundesrates.