Schaffhauser Nachrichten: Den Steuerfranken wirkungsvoller einsetzen

von Hannes Germann

«Hohe Steuern vertragen sich nicht mit hohem Wachstum: Mit dieser These erklären Politiker und Wirtschaftsverbände, warum die Schweizer Wirtschaft seit 1992 kaum gewachsen ist.» So zu lesen in der letzten Ausgabe der «NZZ am Sonntag». Doch dann der Clou: Autor Daniel Hug folgert im Lead seines Hintergrundberichtes über eine OECD-Studie: «Die Realität zeigt ein anderes Bild.» Aussagen dieser Art in einem wirtschaftsliberalen Blatt dürfte Etatisten jedwelcher politischer Couleur frohlocken lassen und zum nächsten fiskalpolitischen Angriffsversuch auf das redlich verdiente Geld der Steuerzahler ermuntern. Auf der rechten Seite und in Wirtschaftskreisen dagegen reibt sich wohl manch» einer verwundert die Augen ob derartiger Erkenntnisse.

Dies umso mehr, als besagte Hintergrundseite mit einer Grafik versehen ist, aus der Japan und die Schweiz (mit 11,3 Prozent BIP-Wachstum in den letzten zehn Jahren) als klare «Wachstumsverlierer» hervorgehen. Und dies, obwohl Japan im Jahr 2002 mit rund 25 % die tiefste Fiskalquote aufweist und auch die Schweiz mit 31,3 % einen Spitzenplatz einnimmt. Punkto Wachstum zuoberst auf dem Podest stehen – der bevorstehende Skiweltcup-Winter lässt grüssen – die Österreicher. Sage und schreibe 47,7 % hat unser Nachbarland in den letzten zehn Jahren zugelegt. Und das trotz einer Fiskalquote von rund 44 %. Selbst der klassische Sozialstaat Schweden mit einer Fiskalquote von gut 50 % konnte über 30 Prozent BIP-Wachstum verbuchen. Kaum zu glauben!
Doch wird da tatsächlich Gleiches mit Gleichem verglichen? Zur Klärung: Als Fiskalbelastung sind gemäss OECD-Studie in der Schweiz nebst den Steuern auch Sozialversicherungsbeiträge auf Stufe Bund, Kantone und Gemeinden erfasst. So weit, so korrekt. Dem Fazit des NZZ-Autors, dass es nicht zulässig sei, den Staat zum alleinigen Problem der Wirtschaft emporzustilisieren, ist beizupflichten. Natürlich braucht es viel mehr für eine starke Wirtschaft: wieder einen Spitzenplatz in der Bildung, freiheitlicher Forschungsplatz, weniger Regulierungen, mehr Wettbewerb usw.
Die Bedeutung von Fiskalbelastung und Staatsquote herunterzuspielen, ist jedoch fahrlässig. Betrachten wir nämlich die Entwicklung der Fiskaleinnahmen, so stellt sich heraus, dass die Schweiz in der letzten Dekade das grösste Wachstum aller OECD-Länder aufweist! Gefolgt von Deutschland und Italien, den Wachstumsschlusslichtern der EU. Doch damit nicht genug, unser Land hat es nämlich auch fertig gebracht, die Staatsquote nebst Japan klar am stärksten anwachsen zu lassen, während den meisten OECD-Ländern eine zum Teil sogar massive Reduktion gelungen ist (Irland: minus 11 Prozentpunkte).
Von einem Kraftakt zur Reduktion der Staatsquote, wie er Irland, Norwegen, Kanada oder auch den Niederlanden gelungen ist, sind wir in der Schweiz trotz Entlastungsprogramm noch meilenweit entfernt. Müssen wir uns in Anbetracht dieser Tatsachen über mangelndes Wirtschaftswachstum beklagen? Die Politik ist also gut beraten, an ihrem eben erst eingeschlagenen Sparkurs festzuhalten und die Steuermittel in Zukunft gezielter einzusetzen und zukunftsweisender zu investieren. Das heisst vereinfacht: Mit gleich viel Geld mehr machen!