Hannes Germann gehört seit beinahe neun Jahren dem Ständerat an. In dieser Zeit hat er sich in Bern ein ausgedehntes Netzwerk erarbeitet. Das will er auch die nächsten vier Jahre nutzen.
von Erwin Künzi
Am 1. Dezember 2010 wählte der Ständerat Hannes Germann zum Stimmenzähler; er erhielt 42 von 45 Stimmen. Diese Wahl, die in der Öffentlichkeit keine hohen Wellen schlug, zeigt exemplarisch die Wertschätzung, die Germann in Bundesbern entgegengebracht wird, denn die Wahl zum Stimmenzähler ist der erste Schritt in Richtung Ratspräsidium. Dass ein SVPler auf die Präsidentenlaufbahn geschickt wird und dann noch mit einem solchen Resultat, ist eher ungewöhnlich. Germann hat dies nicht zuletzt dem Umstand zu verdanken, dass er sich nicht als Parteisoldat versteht, sondern für ihn im Ständerat klar die Sachpolitik im Vordergrund steht: «Es gibt wahrlich genügend Herausforderungen in der Zukunft, denen wir uns stellen müssen», erklärte er, als wir ihn in seinem schmucken Heim in Opfertshofen besuchten. Seiner Ansicht nach sind die Parteien gefordert, gemeinsam Lösungen für die anstehenden Probleme zu finden. «Dafür möchte ich mich einsetzen», sagte er dezidiert. «Das ist ein schwieriger Kampf, der Substanz braucht, der aber meinem Naturell entspricht. Es genügt nicht, einfach nur zu sagen, was die anderen falsch machen.» So hielt es Germann schon als Gemeindepräsident seiner Wohngemeinde Opfertshofen (1997–2008).
Abmachung mit Kanton Jura
Seit 2002 vertritt er den Kanton Schaffhausen im Ständerat. Dort hat er schon einiges geleistet, vieles hinter den Kulissen, zum Beispiel in den vier Kommissionen, denen er angehört (siehe Kasten auf dieser Seite), anderes gemeinsam mit den anderen drei Schaffhauser Vertretern in Bern, so etwa die Aufwertung der Bahnstrecke Schaffhausen–Zürich im Rahmen des Europäischen Hochgeschwindigkeitsnetzes. Dabei konnte Germann eine Abmachung zur gegenseitigen Unterstützung mit dem Kanton Jura aufgleisen, der betreffend Bahn ebenfalls Anliegen durchbringen wollte. «Das ist typisch – im parlamentarischen Alltag braucht es ein Geben und Nehmen. Das entspricht auch meiner Lebensphilosophie. Man kann nicht nur immer nehmen.» Mit dieser Auffassung befindet sich Hannes Germann nicht unbedingt auf SVP-Kurs. Befragt nach dem Verhältnis zu seiner Partei meinte er denn auch: «Da gibt es hie und da Diskussionen. Aber die politischen Köpfe bei uns erkennen durchaus, dass Ständerat und Nationalrat unterschiedliche Aufgaben wahrnehmen müssen. Im Nationalrat gehen zunehmend alle Parteien aufs Ganze, was nicht zu Kompromissen, sondern oft zu einem Scherbenhaufen führt. Im Ständerat ist das weniger der Fall, die Sachpolitik steht im Vordergrund.»
Arbeitsplätze sichern
Und diese Sachpolitik ist gefordert, um das nach Germann wichtigste Problem der Schweiz in der nächsten Zukunft zu lösen: «Wir müssen unsere Arbeitsplätze und damit Wohlstand und Wohlfahrt sichern. Diese sind, gerade auch in Schaffhausen, durch die Schuldenkrise der EU und der USA bedroht. Die Schweiz hat zwar ihre Hausaufgaben gemacht, ist aber durch die weltweite Vernetzung auf Gedeih und Verderben auf das Wohlergehen der EU und der USA angewiesen.» Laut Germann ist die Nationalbank gefordert, aber auch die Politik, die Rahmenbedingungen schaffen müsse, um eine drohende Rezession abzuwenden. Daneben stellen sich weitere Probleme, so, für den Kanton Schaffhausen besonders aktuell, auch der Umgang mit dem Atommüll. Was ein Endlager in der Region betrifft, so hat hier Hannes Germann eine klare Haltung: «Ich stehe seit Jahren hinter der Position des Kantonsrats und der Regierung, die seinerzeit schon Regierungsrat Erhard Meister vertreten hat und jetzt Ernst Landolt vertritt. Die beiden Standorte kommen nicht in Frage, zu gross wären die Nachteile.» Auf eine Lösung will sich Germann nicht festlegen, wichtig sei heute ein faires und offenes Verfahren. «In solchen zentralen Fragen müssen wir im Kanton alle zusammenhalten, denn am Schluss gibt es ein Schwarz-Peter-Spiel.» Da im Moment alles auf einen Standort Benken hinauslaufe, unterstütze er eine Motion, die verlange, dass alle Standorte gleichwertig geprüft werden. Zudem hat er selber eine Motion für eine Auslandslösung lanciert: «Eine internationale Verbundlösung wäre eine gute Sache.»
«Voll motiviert»
Bei der Arbeit an allen diesen Problemen möchte Hannes Germann auch die nächsten vier Jahre im Ständerat mitwirken: «Ich habe ausgesprochen Freude an der Arbeit im Ständerat, ich bin voll motiviert und habe mittlerweile auf nationaler Ebene ein hervorragendes Beziehungsnetz aufgebaut. Auch über die Parteigrenzen hinaus spüre ich eine grosse Anerkennung. Das sind optimale Voraussetzungen, um den Stand Schaffhausen erfolgreich zu vertreten.» Der zeitliche Aufwand für die Politik und die übrigen Aufgaben ist zwar gross. Doch Germann sieht darin weniger eine Belastung als vielmehr eine wertvolle Bereicherung: «Ich bin gesund, leistungsfähig und habe eine tolle Familie, die mich voll unterstützt. In dieser Beziehung habe ich bisher wirklich Glück gehabt.»
«Die beiden Standorte kommen für ein Endlager nicht in Frage, zu gross wären die Nachteile»