Schaffhauser Nachrichten: Vier Kandidaten, viele gute Fragen

Soll keiner sagen, die Jungen seien nicht an Politik interessiert: Am Podium an der Handelsschule KV waren die Ständeratskandidaten gefordert. Schade, dass einer der Bewerber fehlte.

von Zeno Geisseler

Bild Selwyn Hoffmann
Bild Selwyn Hoffmann

So geht Staatskundeunterricht der anderen Art: Statt die Schülerinnen und Schüler mit grauer Theorie über die bevorstehenden Wahlen einzudecken, hat René Schmidt, Rektor der Handelsschule KV Schaffhausen, kurzerhand die Kandidaten für den Ständerat in sein Haus eingeladen.

Gestern Nachmittag war es so weit: rund 80 Lernende, Handels- und Berufsmittelschüler und Berufsmaturanden kamen zusammen, um mehr über die Bewerber zu erfahren, welche für die kleine Kammer kandidieren. «Diese jungen Leute werden im Herbst zum ersten Mal mitbestimmen können, wer nach Bern geht», sagte Schmidt. «Deshalb war es mir wichtig, sie mit den Kandidaten zu konfrontieren.» Vier der fünf Bewerber waren der Einladung gefolgt. Absagen musste einzig der Parteilose Thomas Minder aus Neuhausen, weil er gestern eine Operation am Fuss über sich ergehen lassen musste.

Ungewöhnliche Fragen
Zum Aufwärmen stellten sich die Bewerber für die zwei Ständeratssitze in einer kurzen Runde vor. Anschliessend stellten vier angehende Mediamatikerinnen den Kandidaten persönliche Fragen. SVP-Ständerat Hannes Germann etwa wurde gefragt, was er neben seinem Mandat sonst noch gerne mache («Fussball», antwortete er). SP-Vertreter Matthias Freivogel musste erklären, wie er schlechte Laune überwindet («dann gehe ich im Rhein baden»). FDP-Mann Christian Heydecker wurde gefragt, wie er seiner Liebsten etwas Gutes tue («Alles kann ich ja nicht erzählen!», antwortete er). Herbert Bühl von der ÖBS schliesslich verriet, dass er kein Haustier habe («Ich hatte mal ein Meerschweinchen. Aber das wurde nicht sehr alt.») Danach wurde es politisch. Rektor Schmidt wollte aus aktuellem Anlass wissen, wie die Kandidaten das Eurokurs-Ziel von mindestens 1.20 der Nationalbank einschätzten. Bühl und Heydecker betonten, dass ein starker Franken ja eigentlich ein gutes Zeichen sei und für die Importeure auch Vorteile bringe. Freivogel sagte, «je höher der Kurs, desto besser für uns.» Germann meinte, «ab 1.30 können die Exporteure wieder durchatmen, ab 1.40 wieder leben.»

Prämien vs. Natel 
Dann ging es um die steigenden Gesundheitskosten. SP-Mann Freivogel stellte eine Einheitskrankenkasse für die Grundversicherung als Massnahme vor, um die Prämien zu senken. Die anderen Kandidaten waren davon nicht überzeugt. «Das ist vielleicht ein, zwei Jahre wirksam», sagte Bühl. Germann forderte, dass die Krankenversicherung für Kinder kostenlos sein sollte, um Familien zu entlasten. Heydecker konterte, viele Eltern würden ihren Kindern kommentarlos Mobiltelefonrechnungen bezahlen, welche viel höher seien als die Krankenkassenprämie. Mehr Wettbewerb könne helfen, den Kostenanstieg einzudämmen. Einig waren sich die Kandidaten, dass eine deutliche Senkung der Gesundheitskosten letztlich nur über eine Reduktion der Leistungen möglich sei – was eine Frage der Ethik sei. «In England bekommen Patienten ab 80 keinen Ersatz mehr für kaputte Hüftgelenke von der Versicherung bezahlt», erzählte Bühl. Interessant war schliesslich die Einschätzung der Kandidaten zu den Energieplänen der Kantonsregierung. Diese will bis spätestens 2040 aus der Atomenergie aussteigen und alternative Energien wie Wind und Sonne fördern. «Um so viel Sonnenenergie zu produzieren, wie es die Regierung vorsieht, müssten wir 800 000 Quadratmeter Dachfläche überbauen», sagte Bühl. Für die Energie, welche der Wind liefern soll, müssten 15 bis 30 Windräder der grössten Kategorie aufgestellt werden. Beides sei nicht sehr realistisch. Freivogel sagte, dass beim Umstieg eine Erhöhung der Strompreise in Kauf genommen werden müsse. Dies wiederum rief Heydecker auf den Plan: «Der Strom bei uns soll um mehrere Rappen ansteigen. Dafür wird die Regierung keine Mehrheit finden. Im Kanton Bern sollte der Strom um nur gerade einen Rappen teurer werden. Das Volk sagte mit 70 Prozent Nein. Und das war nur gerade zwei Monate nach Fukushima.»