Auf Peter Spuhlers Liste für die Personenfreizügigkeit stehen auffallend viele Thurgauer und Schaffhauser. Ein Zufall?
Von Michael Brunner
Bern – Nein, als Aufstand gegen die dominante Zürcher Linie in der nationalen Partei will der Thurgauer SVP-Nationalrat Peter Spuhler seine Liste der 24 SVP-Befürworter der Ausdehnung der Personenfreizügigkeit nicht verstanden wissen. Es gehe nur um diese Einzelfrage, die am 25. September vors Volk kommt. Entscheidend sei bei der Beurteilung dieser Vorlage die unterschiedliche berufliche Herkunft der SVP-Bundesparlamentarier, sagt Spuhler.
Doch es fällt auf: Zwei von drei Thurgauer SVP-Nationalräten sagen Ja zur Vorlage und auch die SVP-Ständeräte Hannes Germann (SH) und Hermann Bürgi (TG) befürworten die Erweiterung der Personenfreizügigkeit. Liegt das daran, dass die traditionsreichen Thurgauer und Schaffhauser Kantonalparteien noch immer liberaler und gemässigter politisieren als die schweizerische Partei? Spuhler glaubt das nicht und verweist nochmals auf den beruflichen Hintergrund. «Ich als Unternehmer schätze die wirtschaftlichen Vorteile der Vorlage hoch ein. Hansjörg Walter als Präsident des Schweizerischen Bauernverbandes wahrt die Interessen der Landwirte.»
Der Thurgauer SVP-Nationalrat Walter stellt dies nicht in Abrede: «Für uns Bauern ist die Personenfreizügigkeit für die Rekrutierung von Personal von grosser Bedeutung.» Will heissen, auf den Bauernhöfen sind Arbeitskräfte aus den neuen EU-Staaten hoch willkommen. Auch Walter glaubt, dass die einzelnen SVP-Politiker auf Grund ihres beruflichen Hintergrundes entschieden haben. J. Alexander Baumann ist der einzige Thurgauer SVP-Nationalrat, der gegen die erweiterte Personenfreizügigkeit ist. Die Beweggründe der einzelnen SVP-Politiker beurteilt er ähnlich wie Spuhler und Walter. Doch selber auch Unternehmer, will er sein Nein zur Personenfreizügigkeit als Schutzmassnahme für Schweizer Arbeitnehmer verstanden wissen. Auch in seinem Unternehmen arbeiteten Menschen in Funktionen, welche Ausländer billiger erfüllen könnten. «Ich will diese nicht entlassen, die haben bisher zum Erfolg des Unternehmens beigetragen.»
Anders als seine Thurgauer Kollegen schätzt der Schaffhauser SVP-Ständerat Hannes Germann die Situation ein. Zwar verweist auch er auf die wirtschaftliche Bedeutung der ausgedehnten Personenfreizügigkeit. Doch dass wirtschaftliche Überlegungen bei der Thurgauer und Schaffhauser SVP eine grössere Rolle spielen, ist für Germann kein Zufall: «Zwar sind auch wir konservativ. Der Liberalismus ist uns aber nicht fremd, wir unterstützen nichts, was den Wirtschaftsstandort gefährdet.»
Doch wie stellt sich die Schaffhauser und Thurgauer Parteibasis zur Personenfreizügigkeit? Die Delegiertenversammlungen zu diesem Geschäft finden erst später statt. «Klar hoffe ich auf ein Ja», sagt Peter Spuhler. Doch bei einer Prognose ist er vorsichtig, wie seine Ratskollegen auch. Die Meinungsbildung stehe erst am Anfang, sind alle überzeugt. Germann glaubt, dass in der Bevölkerung die Unsicherheit weit verbreitet ist: «Diese Ängste müssen wir ernst nehmen.»