Schaffhauser Nachrichten: Geld und Geist: Als ob eine Bieridee nicht reichen würde

von Hannes Germann

Bier- und Schnapsideen scheinen gegenwärtig Hochkonjunktur zu haben. Damit ist nicht etwa Gerhard Schröder gemeint, der sich ungeachtet der gleichentags erfolgten Abwahl postwendend wieder zum neuen deutschen Kanzler erklärt hat. Denn womöglich bekommt er ja trotz der absurden Situation am Ende doch noch Recht …
Gemeint sind vielmehr Bundesrat und Verwaltung, welche die vor fast 80 Jahren (natürlich) als Provisorium eingeführte Biersteuer definitiv ins neue Jahrtausend retten möchten. Dabei geht es nicht etwa um höhere Werte wie Alkoholprävention oder gar Jugendschutz. Dafür war die Biersteuer nie vorgesehen, und der Bundesrat sieht derartige Ansinnen auch im Entwurf zum neuen Biergesetz nicht vor. Es geht schlicht und einfach um die Weiterführung einer bestehenden Steuer, die jährlich rund 100 Millionen Franken in die Bundeskasse spült. Die Höhe der Biersteuer liegt gegenwärtig bei 24,5 Rappen je Liter. Die Tendenz dürfte, quasi einem Urgesetz folgend, steigend sein. Denn allein seit 1958 ist die Biersteuer zwölfmal erhöht worden.
Dabei ist die Biersteuer ein Überbleibsel aus der allgemeinen Getränkesteuer, die 1937 nach heftigem politischem Widerstand wieder aufge- hoben worden ist. Die Wein- und Mostbranche jedenfalls schaffte es, zumindest von einer derartigen Steuer befreit zu bleiben. Denn es handelt sich um eine reine Fiskalabgabe, die einzig und allein den Faktor Produktion – und im Endeffekt natürlich die Konsumierenden – belastet. Nebst der Mehrwertsteuer. Da sollte man meinen, es wäre mit bald 70 Jahren Verspätung höchste Zeit, diesen alten Zopf endlich abzuschneiden. Doch stattdessen lässt man sich im Finanzdepartement immer neue Rechtfertigungen einfallen, warum es die Biersteuer noch braucht. Einmal mehr muss die EU herhalten, mit der gewisse Bundesberner offenbar um jeden Preis kompatibel sein wollen. In Brüssel hat Deutschland nämlich eine Mengen-Staffelsteuer durchgesetzt, die rein strukturpolitisch motiviert ist. Das müssen wir Schweizer, wenn auch noch so widersinnig, «natürlich» möglichst rasch kopieren.
Das Vorgehen des Finanzdepartementes wäre vielleicht weniger fatal, wenn wir nicht gerade daran wären, im Rahmen des Binnenmarktgesetzes den inländischen Markt wettbewerbsfähiger zu machen. Just in dieser Phase mutet dieser Merz’sche Ukas darum erst recht wie ein Irrläufer an. Die sonst für ihre ausgewogene Wortwahl bekannte NZZ betitelt das bundesrätliche Biersteuerwerk als «EU-kompatible Schnapsidee» und fragt schon fast resignierend: «Von welchem Geist ist denn das Finanzdepartement eines freisinnigen Bundesrates durchwirkt, von welcher Art Beamtenschaft unterwandert?» Gewiss, wir werden die Biersteuer auch künftig mit dem Hopfensaft schlucken können. Es ist nicht diese vergleichsweise unbedeutende Steuer, die einem zu denken geben muss. Es ist der Geist, der dahinter steckt. Und der scheint System zu haben. Wie anders sollte es sonst zu erklären sein, dass der Bundesrat (diesmal der Moritz) ausgerechnet jetzt, wo die Finanzen wieder einmal besonders knapp sind, die CO2-Steuer auf Brennstoffen einführen möchte? Wo man sich doch in diesem Bereich auf gutem Kyoto-Zielkurs befindet? Und als ob wir durch die hohen Ölpreise nicht schon genug bestraft wären.