Schaffhauser Nachrichten: «Gemeinden wollen mitreden können»

Der Schaffhauser SVP-Ständerat Hannes Germann soll das Präsidium des Schweizerischen Gemeindeverbandes übernehmen. Einen direkten Kontakt der Gemeinden zum Bund erachtet er als wichtig. 

Interview Patrick Steinemann

Hannes Germann, Sie sollen im Sommer an die Spitze des Schweizerischen Gemeindeverbandes gewählt werden (SN von gestern). Welchen Stellenwert hat der Verband in der Polit- und Verwaltungslandschaft Schweiz?

Hannes Germann: Der Gemeindeverband nimmt in erster Linie die Interessen seiner Mitglieder – rund 2000 Schweizer Gemeinden – wahr. Das heisst, wir wollen uns dort in den Gesetzgebungsprozess einbringen, wo es um Regelungen geht, welche direkte Auswirkungen auf die Gemeinden ha-ben. Zu nennen wären da etwa die Asyl- und Ausländerpolitik, die Integration, Infrastrukturfragen oder der ganze Prozess der Raumentwicklung, wo wir mit dem Bund zusammenarbeiten.

Sie wollen dem Amt «mehr politisches Gewicht» geben. Wie soll das geschehen?

Germann: Mein Mandat als Ständerat bringt dank der Nähe zur Bundesverwaltung doch einige Synergien, die Wege sind kürzer, die Kontakte unkompliziert. Wir wollen für unsere Anliegen das spezifische Know-how der Gemeinden bestmöglich einbringen.

Wofür wollen Sie sich konkret einsetzen? 

Germann: Eines unserer Projekte ist etwa die Freiwilligenarbeit, wo wir mit der Organisation Benevol zusammenarbeiten. Hier haben wir auch einen Preis lanciert und bereits zwei Gemeinden ausgezeichnet. Die Gemeinden sind nach wie vor stark auf ehrenamtliche Arbeit angewiesen. Wir wollen dafür sorgen, dass dieses wertvolle Engagement der Bürger in unserem Milizsystem nicht versiegt.

Welches sind die grössten Sorgen der Schweizer Gemeinden?

Germann: Eine der Herausforderungen ist sicher die demographische Entwicklung: Die Menschen werden immer älter, und entsprechend gefragt sind Einrichtungen der Altersbetreuung. Hier haben wir eine Tagung zur Alterspolitik durchgeführt. Dank grossem Echo gab es gleich drei Auflagen. Weiter zu nennen sind Infrastrukturfragen wie die Erneuerung und der Ausbau von Strassen, die Wasserversorgung und die Kanalisation. Gewisse Entwicklungen und Probleme – etwa der Bau von Mobilfunkantennen – tangieren die Schweizer Gemeinden ganz konkret. Da möchten wir auch auf Bundesebene mitreden können.

Immer mehr Gemeinden in der Schweiz schliessen sich zusammen. Wie viele der rund 2700 Schweizer Gemeinden wird es in den nächsten zehn Jahren noch geben?

Germann: Da kann man sicher keine konkrete Prognose stellen. Natürlich stellen auch wir den Trend zu Zusammenschlüssen fest, dies entspricht einem natürlichen Strukturwandel. Wir fördern diese Entwicklung aber nicht, sondern setzen uns für massgeschneiderte Lösungen im Sinne der Gemeinden ein. Eigenständigkeit soll, wo sinnvoll und möglich, bestehen bleiben.

Als Gemeindepräsident von Opfertshofen befürworten Sie eine Fusion der Schaffhauser Gemeinden Altdorf, Hofen, Bibern, Opfertshofen und Thayngen. Der Schweizerische Gemeindeverband setzt sich jedoch für eine starke Gemeindeautonomie ein. Gibt es da keine Konflikte?

Germann: Ich sehe da keinen grundsätzlichen Widerspruch. Es geht darum, die Institution Gemeinde als Ganzes zu stärken. Da braucht es je nach Situation auch Zweckbündnisse, wo man Kräfte bündelt. Emotional sieht es etwas anders aus, da möchte man natürlich das Milizengagement in den jeweiligen Gemeinden am liebsten nicht verlieren.

Neben den Gemeinden betreiben schon die Städte und die Kantone in Bern Lobbying in eigener Sache. Wäre da nicht mehr Zusammenarbeit angesagt?

Germann: Wir pflegen mit dem Städteverband bereits heute eine gute Zusammenarbeit. Viele Städte sind denn auch bei uns Mitglied. Bei allen Unterschieden in der Gemeindelandschaft konzentrieren wir uns auf die gemeinsamen Ziele. Wir nehmen auf kommunaler Ebene eine Art Klammerfunktion wahr. Im Verhältnis zu den Kantonen gibt es sicher noch Verbesserungspotential. So führt der Bund oft Vernehmlassungen bei den Kantonen durch, obwohl eigentlich die Gemeinden die Direktbetroffenen sind. Darum braucht es den direkten Kontakt der Gemeinden zum Bund – dies nicht in Konkurrenz, sondern in Ergänzung zu den Kantonen.