Den Schiffbruch des Gesundheitsartikels sahen die Schaffhauser Bundesparlamentarier voraus. Überrascht hat sie das deutliche Verdikt bei der Einbürgerungs-Initiative.
Schaffhausen SVP-Ständerat Hannes Germann zeigte sich gestern abend enttäuscht über das Volksnein zur Einbürgerungs-Initiative – und er hielt dabei nicht mit Kritik an der Kampagne seiner Partei zurück. «Die Kampagne hat zu fest auf Ängste gespielt», sagte Germann gestern abend. Zu wenig thematisiert habe man hingegen die Frage, ob Einbürgerung nun ein politischer oder ein juristischer Entscheid sei. SVP-Nationalrat Thomas Hurter leitete aus dem Abstimmungsresultat ab, dass es doch eine grosse Anzahl Unzufriedener gebe. «Wir dürfen das Thema nicht fallen lassen», sagt Hurter, der dafür plädiert, schärfere Einbürgerungskriterien zu definieren. Überdies zeigte er sich enttäuscht darüber, dass die Gegner Volksentscheide über Einbürgerungen als «willkürlich» bezeichneten. «Das zeugt von wenig Vertrauen in das Volk.»
FDP-Ständerat Peter Briner nahm gestern befriedigt zur Kenntnis, dass eben dieses Volk die rechtsstaatlichen Mängel der Einbürgerungs-Initiative erkannte und sich nicht durch die Propagandawalze der SVP «irreführen» liess. «Die SVP-Kampagne hielt sich auf Nebenschauplätzen auf. Es ging um Mord und Totschlag und nicht um die Einbürgerung an sich.» Briner war vom Ergebnis in seiner Deutlichkeit ebenso überrascht wie SP-Nationalrat Hans-Jürg Fehr. Auch Fehr sprach in seiner Analyse die «millionenschwere Kampagne» der SVP an, die er für völlig überzogen hielt.
Breite Gegnerschaft
Im Gegensatz zu seinen bürgerlichen Kollegen stand Hans-Jürg Fehr gestern in allen Belangen auf der Siegerseite. Entsprechend zufrieden war er, insbesondere in Bezug auf den Gesundheitsartikel. Schliesslich führte die SP die Kampagne der Gegner an – und diese schlug ein. «Die drei zentralen Argumente, die Abschaffung der freien Arztwahl, das Kassendiktat und der Anfang der Zweiklassenmedizin, verfingen», analysierte Fehr. Und seine Schlussfolgerungen sind klar: Das Nein zum Gesundheitsartikel bedeute ein Nein zur monistischen Spitalfinanzierung sowie ein Nein zur Aufhebung des Kontrahierungszwanges zwischen Krankenkassen und Ärzten. Wenn es nach Fehr ginge, müssten die laufenden Gesetzesrevisionen, die in diese Richtung gehen, sofort eingestellt werden: «Der Reformweg ist verbaut», so Fehr. Tatsächlich meinte auch Hannes Germann, dass mit der Ablehnung des Verfassungsartikels Reformen im Gesundheitswesen erschwert werden. Er weist darauf hin, dass es wichtig sei, künftig mit den Kantonen zusammen Lösungen zu finden. Die Kantone und Ärzte gehörten zu den vehementesten Gegnern des Gesundheitsartikels. Weil die Probleme aber weiterhin bestünden, erwartet Briner nun von den Kantonen und Ärzten konstruktive Zeichen für Reformen im Gesundheitswesen, die nun auf Gesetzesebene angegangen werden: «Die Kantone und Ärzte sind nun in der Pflicht. Bisher haben sie nur immer nein gesagt.» Thomas Hurter verwies in seiner Analyse ebenfalls auf die breite Gegnerschaft des Gesundheitsartikels. Er sieht in der Ablehnung nicht das Ende der Reformen. Aber es sei schade, dass die Möglichkeit verpasst wurde, mehr Transparenz und Qualität in das Gesundheitswesen hineinzubringen.
Etwas ins Rollen gebracht
Die dritte Niederlage fuhr die SVP mit der Maulkorb-Initiative ein. Die Partei unterstützte das Begehren, bei den Schaffhauser Parlamentariern hielt sich aber das Herzblut in Grenzen. «Das war eine klassische Initiative, die über das Ziel hinausschoss», sagte Hannes Germann. Er hielt es wie Thomas Hurter, der froh war, dass die Initiative etwas ins Rollen gebracht hat. «Der Bundesrat hat gemerkt, dass er zurückhaltender sein muss.» Peter Briner bezeichnete die Vorlage in unserer Medienwelt als «absurd» und war entsprechend zufrieden mit der deutlichen, zu erwartenden Ablehnung. (dk)