Nachgefragt Hannes Germann, SVP-Ständerat
von Eveline Rutz
Herr Germann, die SP-Steuer-Initiative ist klar abgelehnt worden. Welches Argument hat Ihrer Meinung nach dafür den Ausschlag gegeben?
Hannes Germann: Die Stimmberechtigten haben verstanden, dass die Initiative nicht nur ein Prozent der Bevölkerung betreffen würde, sondern auch Auswirkungen bis in den Mittelstand hinein hätte. Dieses Argument hat offensichtlich gewirkt.
Das heisst, viele Stimmberechtigte haben schlicht befürchtet, dass sie selbst mehr Steuern bezahlen müssten?
Germann: Das ist klar. Die SP hat höhere Steuern für die Reichsten gefordert. Doch die Stimmberechtigten sind nicht naiv. Wenn höhere Steuern gefordert werden, muss der Mittelstand davon ausgehen, dass es ihn irgendwann auch trifft. Das wäre auch so gewesen.
Die SP macht für dieses Nein das Geld verantwortlich, das die Gegner der Vorlage in den letzten Tagen in ihre Kampagne investiert haben. Waren die Spiesse im Abstimmungskampf ungleich lang?
Germann: Es war sicherlich notwendig und richtig, dass man die Kampagne intensiviert hat. Die Vorlage stand lange Zeit im Schatten der Ausschaffungs-Initiative. Je näher die Abstimmung kam, desto mehr hat man sich mit den tatsächlichen Auswirkungen der Initiative auseinandergesetzt. Das war absolut wichtig. Die Leute lassen sich mit Geld nicht kaufen, doch sie lassen sich auch nicht für dumm verkaufen. Sie haben schon durchschaut, worum es hier gegan-gen ist.
Reiche Unternehmer haben damit gedroht, ihr Vermögen aus der Schweiz abzuziehen. Haben diese Drohungen das Resultat beeinflusst?
Germann: Nein. Ich glaube, diese Drohungen waren insgesamt eher kontraproduktiv. Ich habe eher befürchtet, dass bei einer Annahme der Initiative viele Reiche gar nicht mehr in die Schweiz kommen würden. Das Signal wäre gewesen: «Reiche, hütet euch vor der Schweiz – hier werdet ihr künftig stärker zu Kasse gebeten.» Das wäre ein fatales Signal ans Ausland gewesen. Man muss sehen: Die Reichen tragen durch die direkte Bundessteuer massgeblich zum Wohlstand unseres Landes bei. Das hätten wir aufs Spiel gesetzt.
Dennoch: Die Initiative hat auch Sympathien erhalten. Ihre Seite hat gewisse Probleme eingeräumt. Sind jetzt beim Finanzausgleich Korrekturen nötig?
Germann: Ja, man muss über Korrekturen nachdenken und Massnahmen prüfen. Grosse Unterschiede zwischen einzelnen Steuerzahlern in den Kantonen und in den Gemeinden muss man sicherlich etwas ausgleichen. Die Schere darf nicht weiter aufgehen. Es kann jedoch nicht darum gehen, dem Staat einfach zu mehr Steuereinnahmen zu verhelfen. Es geht um einen echten Ausgleich. Aber das ist eine schwierige Sache. Da sind die Kantone und die Gemeinden gefordert.