Schaffhauser Nachrichten: Parteien beziehen Stellung für die Wahlen

Für die Wahlen in den National- und den Ständerat vom 23. Oktober sind im Kanton Schaffhausen, acht Monate vor dem Wahltermin, bereits wichtige Weichen gestellt worden. Ein erster Überblick.

von Erwin Künzi

Am Abend des 23. Oktober werden als Vertreter des Kantons Schaffhausen in Bern die Bisherigen – Ständerat Hannes Germann (SVP) und die Nationalräte Hans-Jürg Fehr (SP) und Thomas Hurter (SVP) – sowie als Nachfolger von Peter Briner Christian Heydecker (FDP) neu als Ständerat gewählt sein. Trotzdem wird dieses voraussehbare Wahlergebnis Schlusspunkt hinter einem Wahlkampf von selten gesehener Intensität sein. Wie ist das möglich? Dieser scheinbare Widerspruch – erbitterter Wahlkampf bei absehbarem Resultat – hat verschiedene Gründe. Da ist das nationale Umfeld: Fast alle Parteien sind dem Beispiel der SVP gefolgt und betreiben einen Dauerwahlkampf. Dazu gehört, dass die Kandidatinnen und Kandidaten für die beiden Kammern nicht nur immer früher gekürt werden, sondern diese Nominationen auch dazu dienen, möglichst grosse mediale Aufmerksamkeit zu erwecken. Dieser Trend war und ist auch im Kanton Schaffhausen spürbar.

Aktive Jungparteien
Dazu kommt eine kantonale Eigenheit: Schon bei den letzten Wahlen vor vier Jahren, aber seither noch verstärkt, haben die Jungparteien vermehrt ein eigenes Profil entwickelt. Die Junge SVP, die Alternative Liste und die Jungfreisinnigen politisieren eigenständig, manchmal in einem Ausmass, das sie teilweise in Gegensatz zur Mutterpartei bringt. Sie werden den Wahlkampf nutzen, um sowohl ihre Ideen wie ihre Vertreterinnen und Vertreter in der Bevölkerung bekannt zu machen, und werden einen entsprechend grossen Aufwand betreiben. Als dritter Punkt ist zu erwähnen, dass zwar das Resultat der Wahl heute schon absehbar ist, dass sich bei den Parteien aber niemand darauf verlassen will und darum um jede Stimme gekämpft wird. Das zeigt sich exemplarisch an der Zahl der Nationalratslisten, die dieses Jahr rekordverdächtig werden könnte.

Fünf Listen bekannt, weitere folgen 
Bisher stehen offiziell fünf Nationalratslisten fest: Die SP portiert ihren bisherigen Nationalrat Hans-Jürg Fehr, der zusammen mit der Kantonsrätin und SP-Kantonalpräsidentin Martina Munz aus Hallau antritt. Die SVP kommt mit ihrem bisherigen Nationalrat Thomas Hurter; er wird vom Neuhauser Gemeinderat und Kantonsrat Dino Tamagni begleitet. Die FDP möchte den Sitz, den sie vor vier Jahren an die SVP verloren hat, mit Roger Paillard, Einwohnerrat aus Beringen, und Christoph Schärrer aus Schaffhausen zurückerobern. Die AL hat die Journalistin Susi Stühlinger und den Parteipräsidenten Till Aders, beide aus Schaffhausen, nominiert. Die Jungfreisinnigen treten mit Beni Schilling aus Löhningen und Alain Illi aus Schaffhausen an. Doch bei diesen fünf Listen wird es nicht bleiben. Weitere werden folgen. Die Junge SVP, so ihr Präsident Ueli Werner, wird im April oder Mai die Namen auf ihrer Liste bekannt geben. SVP-Kantonalpräsident Werner Bolli kündete gegenüber den SN an, dass die SVP mit «99,9 Prozent Sicherheit» auch eine Senioren- und eine internationale Liste lancieren werde. Bei der FDP ist ebenfalls eine internationale Liste im Gespräch, wie FDP-Kantonalpräsident Nihat Tektas erklärte, bei der SP ist das Thema noch offen, so Martina Munz . Möglich, wenn auch im Moment nicht sehr wahrscheinlich, ist, dass eine der kleineren Parteien – ÖBS, EVP, CVP, EDU – sich noch für eine eigene Liste entscheidet.

Grosse Listenverbindung 
Hochinteressant ist die Frage der Listenverbindungen. Es ist davon auszugehen, dass die SP und die AL ihre Listen verbinden, ebenso die SVP, inklusive Senioren und Internationale, mit der Jungen SVP und die FDP (allenfalls mit den Internationalen) mit den Jungfreisinnigen. Wird es aber im bürgerlichen Lager auch zu einer grossen Verbindung zwischen sämtlichen SVP- und FDP-Listen kommen? Die SVP will an ihrer Delegiertenversammlung vom 12. April darüber befinden, «entschieden ist noch nichts», so Werner Bolli. Für die FDP kommt das nicht in Frage, so Nihat Tektas: «Die SVP ist für uns die gleich scharfe Konkurrenz wie die SP. Ich kann mir deshalb eine grosse Listenverbindung nicht vorstellen.» Weniger Berührungsängste hat da Markus Bührer, Präsident der Jungfreisinnigen: «Das wäre durchaus eine Möglichkeit», meinte er. Die grosse Listenverbindung dürfte bei den Bürgerlichen noch zu reden geben: Könnte sie bei der Wahl zwei Drittel aller Stimmen auf sich vereinigen, wäre das Mandat der SP in höchster Gefahr. Und der Ständerat? Die Kandidaturen von Hannes Germann (SVP, bisher) und Christian Heydecker (FDP, neu) sind bekannt; die SP wird am 13. April beschliessen, ob sie mit Daniel Fischer oder Matthias Freivogel ins Rennen steigen will. Sowohl Werner Bolli wie Nihat Tektas gehen im Grundsatz davon aus, dass es beim Ständerat zu einem bürgerlichen Schulterschluss kommt und der jeweils andere Kandidat unterstützt wird. Bis es so weit ist, will Werner Bolli aber noch in diesem Monat mit der FDP Gespräche führen über die Bedingungen für eine Unterstützung von Heydecker. «Wir fordern dafür den Support der FDP für unsere Kandidatinnen und Kandidaten bei den Wahlen in die Regierung und den Schaffhauser Stadtrat im Jahr 2012», sagte Bolli. Über die Unterstützung des jeweilig anderen Kandidaten beschliesst die SVP am 12. und die FDP am 13. April. Diese Ausgangslage bei der Ständeratswahl kann sich aber kurzfristig noch ändern, können doch bis unmittelbar vor der Wahl neue Kandidaten portiert werden. Anders sieht es beim Nationalrat aus: Hier müssen bis zum 22. August alle Listen bei der Staatskanzlei eingereicht sein.