
Viele wissen nicht, worum es bei der Vollgeld-Initiative geht. Das Ja-Komitee Schaffhausen liess bei einer Podiumsdiskussion Befürworter und Gegner reden. Fazit: Es bleiben viele Fragen offen.
Von Clarissa Rohrbach

SCHAFFHAUSEN. Jeder, der am Montagabend die Podiumsdiskussion im Hotel Kronenhof besuchte, bekam ein 20er-Nötli. Die Scheine waren nur Attrappen, doch sie sollten klarstellen: Hier geht es um Geld, um unser Geld. «80 Prozent der Bevölkerung wissen nicht, was die Vollgeld-Initiative bedeutet. Wir wollen, dass sie sich eine Meinung bilden», sagt Beat Brunner vom Ja-Komitee Schaffhausen, welches den Anlass organisiert hat.
Der Saal ist voll, konzentrierte Gesichter schauen auf die Bühne, wo Walter Studer, Moderator und ehemaliger Leiter von Radio Munot, erstmals fragt: «Wer von euch hat kein Konto?» Schweigen macht sich breit, niemand streckt die Hand auf. Er will damit zeigen, dass diese Abstimmung uns alle etwas angeht. Er versucht, die Diskussion pragmatisch zu beginnen. «Was würde bei einer Annahme mit unserem Lohnkonto passieren?», fragt er Christoph Pfluger, Chefredaktor und Herausgeber der Zeitschrift «Zeitpunkt» in Solothurn. Doch dieser weicht aus, findet, man müsse erst erklären, woher das Geld komme.
Pfluger wettert gegen die Banken, erklärt, Buchgeld sei kein Geld, weil es nur eine elektronische Zahl, ein Versprechen eines Guthabens sei. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) würde nur 10 Prozent des Geldes tatsächlich drucken, die restlichen 90 Prozent schöpften die Banken aus dem Nichts, wenn sie einen Kredit oder eine Hypothek vergäben. Der grösste Teil dieses Geldes wandere in Spekulationen und mache die Reichen noch reicher. Im Fall einer Finanzkrise wie 2008 würde das dazu führen, dass das Geld auf unseren Konten nicht gesichert sei.
Studer versucht, das Gespräch wieder zurück zum Lohnkonto zu führen. Dieses wäre bei einem Ja zur Vorlage von der Banktätigkeit ausgegliedert. Das heisst, die Bank kann das Geld nicht investieren, es ist zu 100 Prozent Vollgeld. Nun werden die Gegner laut. «So kann die Bank ihre Geschäfte nicht mehr machen», sagt Florian Hotz, Präsident des Bankrats der Schaffhauser Kantonalbank. Das führe zu einer Abschaffung der Zinsen und zu höheren Gebühren. Es sei fraglich, ob man dies in Kauf nehmen wolle. Ständerat Hannes Germann (SVP) doppelt nach: So entziehe man den Banken ihre Existenzgrundlage.
Schweiz wäre Pionierland
Da die Banken das Geld, das sie ausleihen, zu 100 Prozent besitzen müssten, wären sie von der SNB für Kredite abhängig. Für die beiden Gegner führt das zu einer Zentralisierung des Bankensystems und somit zur Planwirtschaft. Germann sagt warnend: «Das Finanzsystem in der Schweiz funktioniert, wieso sollten wir dieses Hochrisikoexperiment eingehen?» Germann und Hotz äussern weitere Bedenken, reden von Inflation, einem geringeren Wirtschaftswachstum und einer Gefährdung der Unabhängigkeit der SNB. Pfluger, sich selbst ganz sicher, winkt ab: «Ein sicheres Bankensystem ist attraktiv, und eine demokratische Kontrolle übers Geldwesen bedeutet keine Misswirtschaft.»
Die Kredite beschäftigen auch das Publikum. Ob denn die KMU länger warten müssten, um Kredite zu bekommen, fragt ein Zuschauer. Nein, versichert Albert Sollberger vom Ja-Komitee – der wegen der hitzigen Debatte zwischen Pfluger und Germann kaum zu Wort kommt –, die Banken würden liquide bleiben. Zum Schluss explodiert Germann: «Sie haben keine Ahnung von Politik!», sagt er dem unbändigen Pfluger. «Ruhe, Ruhe!», schlichtet Studer, «wir haben alle heiss, nun gehen Sie nach Hause und entscheiden Sie selbst.» Das Publikum steht auf, verwirrter als vorher.