Schaffhauser Nachrichten: Steueroptimierung versus Eigentumsbildung

Das Wohnen in den eigenen vier Wänden hat viele Vorteile, ist steuerlich aber auch mit zahlreichen Risiken behaftet. Der Eigenmietwert spielt dabei eine zentrale Rolle – und bleibt umstritten. Von Hannes Germann, Ständerat Der verfassungsmässige Auftrag zur Wohneigentumsförderung ist in Art. 108 der Bundesverfassung (BV) verankert. In der BV fördert der Bund den Erwerb von Wohneigentum. Das geschieht erstens durch die Möglichkeit, in der Steuerdeklaration die Schuldzinsen für Hypotheken in Abzug zu bringen, zweitens besteht die Möglichkeit eines Abzuges für den Unterhalt einer selbst genutzten Wohneinheit (pauschaler oder effektiver Unterhaltsabzug). Für die Höhe des Unterhaltsabzuges kommt es darauf an, ob das Gebäude älter oder weniger alt als zehn Jahre ist (25 % beziehungsweise 15 %). Entscheidend ist dabei, dass es sich um werterhaltende und nicht etwa wertvermehrende Investitionen handelt. Der Anbau eines Wintergartens ist ganz klar nicht abzugsberechtigt, während gewöhnliche Reparatur- und Unterhaltsarbeiten ebenso wie Investitionen, die dem Energiesparen oder dem Umweltschutz dienen, abgezogen werden können. Die Wegleitung zur Steuererklärung 2006 gibt darüber auf den Seiten 19 und 20 Aufschluss.

Die Kehrseite der Medaille ist der eingangs erwähnte Eigenmietwert. Die Eigennutzung von Grundstücken unterliegt zwingend der Einkommensbesteuerung (Art. 7 Abs. 1 StHG [Kantone] und Art. 21 Abs.1 lit.b DBG [Bund]). Die Einschätzung und die Festlegung der Eigenmietwerte obliegen den kantonalen Steuerbehörden beziehungsweise dem Amt für Grundstücksschätzungen. Der Bund übernimmt diese Werte in der Regel für die Direkte Bundessteuer. Weil die kantonalen Verfahren zur Festlegung des Eigenmietwertes unterschiedlich sind, wendet der Bund Korrekturfaktoren an. Für den Kanton Schaffhausen wird der Eigenmietwert für die Direkte Bundessteuer mit dem Fakor 1,08 multipliziert.

Eine fiktive Grösse Das Problem des Eigenmietwertes besteht darin, dass es sich um eine fiktive Grösse handelt, über die sich trefflich streiten liess, lässt und lassen wird. Das Bundesgericht fordert, dass der Eigenmietwert minimal 60 Prozent des so genannten Marktmietwertes betragen muss. Eine weitere Unterschreitung ist aus Gründen der Rechtsgleichheit zwischen Eigentümern und Mietern nicht zulässig (vgl. BGE 124 I 145 ff.). Im Kanton Schaffhausen hat sich die Situation um die generelle Höhe der Eigenmietwerte seit der Annahme einer Volksinitiative des Hauseigentümerverbandes entschärft. Der Eigenmietwert liegt bei durchschnittlich 65 Prozent des geschätzten Marktmietwertes. Gewinner und Verlierer Wie jedes System bringt auch das Steuerregime für selbst genutztes Wohneigentum Gewinner und Verlierer hervor. Wer fährt gut mit dem Eigenmietwert? Es sind vor allem jene, die hohe Schuldzinsenabzüge und gleichzeitig Aufwendungen für den Unterhalt (sofern nicht wertvermehrend) geltend machen können. Das heisst, man lässt die Hypothek möglichst hoch, damit der Schuldzinsenabzug entsprechend hoch ausfällt. Das ist eine durchaus legale Steueroptimierung. Sie ist freilich nicht im Sinne der staatlich gewünschten Bildung von Eigentum. Schuldenmachen nicht fördern Auch aus volkswirtschaftlichen Überlegungen erscheint es wenig sinnvoll, das Schuldenmachen zu fördern. Die Schweizer Bevölkerung ist mit einem erheblichen Betrag für Hypotheken verschuldet (rund 600 Milliarden Franken!). Das ist die weltweit höchste Pro-Kopf-Verschuldung und weltweit die höchste Verschuldung, bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt. Dieser Umstand wird durch den steuerlichen Schuldzinsenabzug gefördert. Wünschenswert wäre es hingegen, Wohnobjekte mit einer hohen Quote an unverschuldetem Eigentum zu fördern.

Ältere Eigentümer betroffen
Die heute geltende Wohneigentumsbesteuerung trifft vor allem ältere Wohneigentümer, die unter grossen finanziellen Entbehrungen ein Haus gekauft haben und zur Altersvorsorge ihre Hypotheken weit gehend oder ganz amortisiert haben, inzwischen im Ruhestand sind und von einer (bescheidenen) Rente leben müssen. Diese Personengruppe wird durch die fiktive Anrechnung des Eigenmietwertes besonders hart und massiv steuerlich abgestraft, wird doch das Einkommen durch den Eigenmietwert in eine höhere Progressionsstufe katapultiert. Auch stehen dem Eigenmietwert praktisch keine Abzüge mehr gegenüber, da es im Alter oft schlicht am notwendigen Geld dafür fehlt. HEV will Initiative lancieren Aus diesen Gründen will der Hauseigentümerverband (HEV) Schweiz eine Volksinitiative lancieren, die eine Systemoptimierung vorsieht. Eine Möglichkeit besteht darin, sich im Alter vom Eigenmietwert befreien zu lassen. Damit entfiele natürlich auch die Möglichkeit des Schuldzinsenabzugs, sodass die verfassungsmässige Gleichbehandlung mit Mieterinnen und Mietern gewährleistet bliebe. Zusätzlich zur angestrebten Systemoptimierung soll in einer Zwillingsinitiative die Möglichkeit des Bausparens auf nationaler Ebene geschaffen werden. Man darf gespannt sein. Ständerat Hannes Germann tritt für einen fairen Eigenmietwert ein.