Schaffhauser Nachrichten: Weitere Hürde genommen

Der Ständerat hat gestern die Prüfung einer staatlichen Regulierung der Bücherpreise gutgeheissen. Doch niemand ist sich sicher, ob sie das richtige Instrument wäre, um das Kulturgut Buch zu fördern.

von Luca De Carli

«Völlig quer in der Landschaft» würde das Gesetz über die Buchpreisbindung stehen, sagte gestern der Schaffhauser Ständerat Hannes Germann (SVP). Er vertrat die Mehrheit der ständerätlichen Wirtschaftskommission (WAK), die auf eine entsprechende parlamentarische Initiative nicht einmal eintreten wollte. Verfasst hat den Vorstoss der inzwischen verstorbene Jean-Philippe Maître (CVP). Die Regulierung der Bücherpreise in der Schweiz soll damit gesetzlich verankert werden. Im Mai sprach sich eine Mehrheit des Nationalrats für dieses Vorhaben aus. Nach dem von ihm überarbeiteten Gesetzesentwurf sollen die Verleger oder Importeure die Buchpreise festsetzen. Der Ständerat beschloss gestern mit 23 zu 15 Stimmen, auf das Geschäft einzutreten. Zur Detailberatung geht es nun zurück an die WAK. Im Fall, dass der Ständerat später der Initiative zustimmt, droht bereits der Buchdiscounter Ex Libris mit dem Referendum. Kommt es zustande, hätten die Stimmberechtigten das letzte Wort.

Haben wir eine Bücherkrise?
Die Gegner der Vorlage in der kleinen Kammer führten vor allem ein ordnungspolitisches Argument ins Feld: Ein Gesetz zur Buchpreisbindung sei ein unzulässiger Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit, widerspreche also der Verfassung. Eugen David (CVP, SG) führte aus, dass ein Eingriff des Bundes in die Marktwirtschaft nur gerechtfertigt sei, wenn damit eine in ihrer Existenz bedrohte Branche gerettet würde. Das sei beim Buchhandel nicht der Fall. Auch Wirtschaftsministerin Doris Leuthard (CVP) sagte: «Wir haben keine Bücherkrise.» Sie verwies auf eine Studie, nach der der Umsatz des Buchhandels in der Deutschschweiz seit der Abschaffung der Buchpreisbindung 2007 sogar gestiegen sein soll. Heftig kritisiert wurde an der Vorlage, dass sie beim Onlinehandel eine Ausnahme vorsieht: Bücher, die via Internet aus dem Ausland eingekauft werden, sollen der Preisbindung nicht unterstellt sein. Hannes Germann sprach von einer «Lex Amazon», nach dem amerikanischen Internet-Versandriesen. Damit würde der hiesige Online-Handel massiv benachteiligt. Eine Mehrheit der WAK wolle das Buch fördern, betonte Germann. Sie erachte die Preisregulierung aber nicht als das richtige Instrument dazu. Deshalb habe die Kommission eine Motion verfasst, mit welcher der Bundesrat beauftragt wird, Vorschläge zur Unterstützung der Schweizer Literaturschaffenden zu unterbreiten. Das sei ein «Ablenkungsmanöver», sagte gestern die Frauenfelder Buchhändlerin Marianne Sax auf Anfrage. Laut der Präsidentin des Schweizer Buchhändler- und Verleger-Verbands muss die Förderung des Buches auf Autoren-, Verlags- und Buchhandelsebene erfolgen. Es gehe deshalb auch darum, einen Berufsstand zu stärken. «Es darf nicht sein, dass wir in der Schweiz bald wie in England den Grossteil der Bücher im Supermarkt kaufen müssen.» Sax zeigte sich deshalb «sehr erleichtert» über den Entscheid des Ständerats in Richtung Buchpreisbindung.

«Lyrik rentiert nie» 
Unterstützung erhielt die Buchlobby auch von unerwarteter Seite. Etwa vom Thurgauer SVP-Ständerat Hermann Bürgi. Man solle in die Debatte eintreten, damit auch kulturpolitische Aspekte geprüft werden könnten. Er sprach allerdings für die ständerätliche Kommission, die sich mit Kulturfragen befasst. Ivo Bischofberger (CVP, AI) sagte, es gehe darum, ein vielfältiges Angebot zu erhalten, das nicht nur Bestseller begünstige. Zudem sollten die vier Landessprachen und auch kleinere Verlage gefördert werden. «Schweizer Verlage sind meist kleinere Verlage.» Simonetta Sommaruga (SP, BE) betonte, man müsse auch Sparten fördern, die nicht auf grosses Interesse stiessen. «Lyrik würde sonst nie rentieren.» Die ehemalige Geschäftsführerin der Stiftung für Konsumentenschutz sagte aber auch, dass sie die Buchpreisbindung nicht als perfektes Instrument zur Förderung betrachte. Sie sehe aber keine Alternative.