NZZ: Die Suche nach dem «Zweitfähigsten»

Rita Fuhrer will Bundesrätin werden
Laut Christoph Blocher muss die SVP notfalls den «zweitfähigsten» Kandidaten nominieren. Damit dürften in erster Linie Ueli Maurer, Adrian Amstutz und Caspar Baader gemeint sein.

nn. Am Tag nach Samuel Schmids Rücktritt erklärte SVP-Präsident Toni Brunner an die Adresse der Kantonalparteien und Parteigremien: «Jedes SVP-Mitglied ist potenzieller Bundesratskandidat.» Nun spriessen willige Schmid-Nachfolger im ganzen Land wie Pilze aus dem Boden – viele jedoch weder mit ernsthaften Ambitionen noch mit reellen Chancen. Am Mittwoch haben nun auch die SVP-Frauen die Zürcher Regierungsrätin Rita Fuhrer ins Rennen geschickt. Die vom Vorstand der SVP-Frauen ebenfalls vorgeschlagene Aargauer Nationalrätin Sylvia Flückiger-Bäni hingegen hat an der Plenarversammlung eine Verzichtserklärung abgegeben.

Keine Konfrontation à tout prix
Betreiben gewisse Kandidaten offensichtlich Marketing für ihre Kantonalpartei und in eigener Sache, wollen andere Aspiranten ein Zeichen setzen. Der Schaffhauser Ständerat Hannes Germann etwa trägt mit seiner Kandidatur nach eigenen Angaben dem Wunsch der Hälfte der Bundeshausfraktion Rechnung, die SVP solle wieder in den Bundesrat zurückkehren. Wie sämtliche SVP-Parlamentarier erklärt auch Germann, dass alt Bundesrat Christoph Blocher der «fähigste Kandidat» wäre. Da Blocher im Parlament aber keine Wahlchancen habe, sei er notfalls bereit, direkt gegen Blocher anzutreten.

So weit muss es aber nicht kommen: In der jüngsten Ausgabe der Internet-Sendung «Teleblocher» hat der abgewählte Bundesrat erklärt, dass er die Konfrontation nicht à tout prix suche. Wenn die anderen Parteien ihn trotz seinem Leistungsausweis und seinem Erfahrungsschatz nicht wählen wollten, «dann muss die SVP halt den<zweitfähigsten>aufstellen», so Blocher. Auch Stratege Christoph Mörgeli spielt mit dem Gedanken an einen Rückzug. «Zwingen die Mitteparteien die SVP, nicht mit ihrem fähigsten Kandidaten anzutreten, kann die SVP in der Folge auch nicht in vollem Umfang für die Regierungspolitik verantwortlich gemacht werden», erklärt der Zürcher Nationalrat auf Anfrage.

Baader und Maurer in der Warteschlaufe
Solange Blocher an seiner Kandidatur formell festhält, bleibt der Weg für Fraktionschef Caspar Baader und Nationalrat Ueli Maurer verbaut. Beide gelten in der Fraktion als mögliche «Zweitfähigste», können sich aber eine Konfrontation mit Blocher politisch nicht leisten. Maurer geniesst als früherer Parteipräsident breiten Rückhalt in den verschiedenen Lagern der Fraktion. Der Luzerner Nationalrat Felix Müri bekräftigt auf Anfrage, dass er Maurer in der Fraktion portieren wolle, falls Blocher verzichte. Im Gegensatz zu Baader stösst Maurer auch im Parlament auf Akzeptanz. Bereits haben ihn CVP-Präsident Christophe Darbellay und sein Fraktionschef Urs Schwaller zum Wunschkandidaten hochgejubelt. Dass in der SVP-internen und in der öffentlichen Diskussion nun klar linientreue Kandidaten wie Maurer als Favoriten gehandelt werden, kann auch als Zwischenerfolg der Kandidatur Blochers interpretiert werden.

Als möglicher Kronprinz gilt Adrian Amstutz, der sich in der Fraktion und im Parlament Chancen ausrechnet. Der SVP-Vizepräsident prägt den Parteikurs mit, wird aber auch von Ulrich Giezendanner unterstützt, der sich dezidiert gegen eine Einerkandidatur Blochers ausspricht. Anders als Maurer steht Amstutz als Kandidat bereits zur Verfügung und wird von seiner Kantonalpartei portiert. Und er hält sich alle Optionen offen: «Die Fraktion hat nun verschiedene Möglichkeiten, auch ein Zweierticket mit Christoph Blocher», erklärt Amstutz. Er werde sich bedingungslos an den Fraktionsbeschluss halten.

Die Zürcher Regierungsrätin Rita Fuhrer ist linientreu und wird in der Fraktion geschätzt. Angesichts des breiten Angebots an in der Bundespolitik erfahrenen Kandidaten drängt sich für die SVP die Nomination der Zürcher Volkswirtschaftsdirektorin jedoch nicht auf.