Schaffhauser Nachrichten: Der Streit um die Steuern hat schon wieder begonnen

Bund und Kantone erhalten postwendend Kritik für ihre Vorschläge für ein Nachfolgeprojekt zur Unternehmenssteuerreform III.

von

SIDONIA KÜPFER

Bern/SchaffhausenEs ist kein ein­facher Start für die Steuervorlage 17, die Nachfolgerin der Unternehmenssteuerreform (USR) III. Die Linke taxiert die Vorschläge, die Finanzminister Ueli Maurer gestern als «Kompromiss» präsentierte, als «ungenügend», der Gewerbeverband als KMUfeindlich. Insbesondere die SP ist nicht überzeugt von der Neuauflage der im Februar an der Urne abgelehnten USR III. Ihr geht die vorgeschlagene Dividendenbesteuerung von 70 Prozent zu wenig weit. Sie verlangt 100 Prozent – wie vor der Unternehmenssteuerreform II. «Zu knauserig» nennt die SP zudem eine Erhöhung der Kinderzulagen um 30 Franken. Sie verlangt 100 Franken und ist der Ansicht, dass die Unternehmen diese Zulage dank der Steuergeschenke problemlos finanzieren könnten. Die Schaffhauser SP-Nationalrätin Martina Munz nennt die 30 Franken lediglich ein «nettes Zückerli».

«Affront gegenüber KMU»

Sehr unzufrieden zeigt sich auch der Gewerbeverband. Er bezeichnet die vorgelegten Eckwerte als einen «einzigen Affront gegenüber KMU und Familienunternehmen». Mit höherer Dividendenteilbesteuerung und zusätzlichen Sozialkosten solle der gewerbliche Mittelstand den Preis für Steuerprivilegien für Grosskonzerne zahlen.

Die SVP hält sich mit Kritik eher zurück, will die Vorschläge aber kritisch analysieren. Die vorgelegten Empfehlungen «bedeuten eine Verschlechterung des Standortes Schweiz», gibt sie zu bedenken. Für den Schaffhauser SVP-Ständerat Hannes Germann sind die Vorschläge aber «ein guter Anfang». Die SVP sieht an erster Stelle die Kantone in der Pflicht: Sie müssten individuelle Steuervorlagen ausarbeiten, die an der Urne bestehen könnten.(lex/sda)

Kommentar

Das Ringen um die Details kann jetzt beginnen

Nun sind die Eckpunkte der neuen Unternehmenssteuerreform auf dem Tisch, doch der Weg bis zur definitiven Lösung ist noch weit, und der Widerstand schon jetzt gross. Das ist klar, denn jetzt beginnt das grosse Seilziehen um die Details. Wer da zu viel Zufriedenheit signalisiert, gerät ins Hintertreffen.

Doch bei aller Kritik: Das gestern präsentierte Konzept ist keine schlechte Diskussionsgrundlage. Die grössten Fallstricke der im Februar gescheiterten Reform (USR III) werden umschifft – so etwa die zinsbereinigte Gewinnsteuer. Das wird einige kapital­intensive Unternehmen und den Kanton Zürich schmerzen, der auf diesem Instrument beharrte. Doch der Schritt ist richtig, das Vehikel fand keine Akzeptanz. Zudem soll die Steuerentlastung insgesamt tiefer ausfallen, und dass die Kantone gehalten sind, ihre Pläne frühzeitig offenzulegen, bringt Licht in die Blackbox um die Ausfälle.

Zwei Zückerchen wurden gestern präsentiert. Eines geht an die Städte, die mit der USR III nicht warm wurden. Sie erhalten mit den Gemeinden einen finanziellen Zuschuss. Das zweite Zückerchen geht an die Familien: Die Kinderzulagen werden um 30 Franken erhöht, bezahlt von den Arbeitgebern. Dieser Schachzug sorgt beim Gewerbeverband für Entrüstung – zumal die KMU auch von der Erhöhung der Dividendenbesteuerung auf mindestens 70 Prozent betroffen wären. Ob dieses «Waadtländer Modell» tatsächlich die Universallösung für die ganze Schweiz ist, ist fraglich – nicht nur wegen der Kosten, auch weil einzig Familien in den Genuss dieses Lockstoffes kommen. Allerdings: Dass der Bundesrat die Steuerreform bei der Bevölkerung populärer machen will, ist ordnungspolitisch unschön, angesichts des Zeitdrucks realpolitisch aber verständlich.