Hannes Germann verlangt vom Bundesrat zusätzliche Abklärungen darüber, wie sich das Swissness-Paket auf die Wirtschaft auswirkt. Die Rahmenbedingungen hätten sich verändert, so der SVP-Ständerat.
Von Vanessa Buff
Schaffhausen: Wo Schweiz draufsteht, soll auch Schweiz drinstecken – dieser Slogan wird jeweils herangezogen, um Sinn und Zweck der sogenannten Swissness-Vorlage zu erklären. Das Swissness-Paket, bestehend aus dem revidierten Markenschutzgesetz sowie den dazugehörigen Verordnungen, soll regeln, ab wann Produkte und Dienstleistungen Bezeichnungen wie «Schweiz» und «Schweizer Qualität» nutzen oder das Schweizerkreuz im Logo tragen dürfen. Missbräuchlichen Verwendungen soll ein Riegel vorgeschoben werden, so die Argumentation des Bundesrates, der das Paket auf den 1. Januar 2017 in Kraft setzen will.
Veränderte Situation
In den Augen des Schaffhauser Ständerats Hannes Germann (SVP) ist dies allerdings zu früh. Er hat ein Postulat eingereicht, in dem er vom Bundesrat zusätzliche Abklärungen zu den wirtschaftlichen Folgen der Swissness-Vorlage verlangt – und eine spätere Inkraftsetzung anregt. «Ich bin nicht grundsätzlich gegen die neuen Bestimmungen», soGermann auf Anfrage der «Schaffhauser Nachrichten». «Aber der Zeitpunkt ist denkbar ungünstig. Die wirtschaftliche Situation ist heute einfach nicht mehr die gleiche wie vor zwei Jahren, als das Parlament die Vorlage behandelt hat.»Germann spricht insbesondere die Aufhebung des Euro-Mindestkurses durch die Nationalbank Mitte Januar an. Doch auch bereits angenommene oder noch im Raum stehende Initiativen wie die Erbschaftssteuervorlage würden bei den Unternehmen derzeit für Unsicherheit sorgen. «Und in dieser sowieso schon schwierigen Phase zeigt sich nun, dass die Umsetzung der Swissness-Vorlage deutlich komplizierter wird als ursprünglich gedacht.» Konkret sehen die neuen Bestimmungen nämlich vor, dass etwa industrielle Produkte nur dann mit dem Schweizerkreuz beworben werden dürfen, wenn mindestens 60 Prozent der Herstellungskosten in der Schweiz anfallen. Noch komplizierter wird es bei verarbeiteten Lebensmitteln – sie dürfen nur als «swiss made» bezeichnet werden, wenn mindestens 80 Prozent des Gewichts der Rohstoffe aus der Schweiz stammen. Was das in der Praxis bedeutet, hat etwa Alexander Kühnen, Geschäftsführer von Unilever Schweiz, kürzlich deutlich gemacht: Um das Schweizerkreuz auf der Packung von Knorr-Produkten behalten zu dürfen, müsste Unilever für alle der gut 600 in Thayngen produzierten Artikel nachweisen, dass 80 Prozent der rund 1000 verwendeten Rohstoffe aus der Schweiz stammen – und das jedes Jahr. Dafür sei der Aufwand schlicht zu gross, sagte Kühnen in den «Schaffhauser Nachrichten» vom 17. April.
Fehlender Anreiz
Hannes Germann führt neben Knorr noch weitere problematische Beispiele ins Feld: Unternehmen wie etwa Nestlé hätten so starke Eigenmarken, dass sie auch ohne den Zusatz «Schweiz» auskommen würden, so seine Vermutung. Doch wo liege für diese Firmen der Anreiz, weiter auf Schweizer Rohstoffe zu setzen, wenn man sich ja doch nicht mehr offiziell als «schweizerisch» bezeichnen dürfe? «Toblerone beispielsweise überlegt, künftig auf Schweizer Milch zu verzichten. Dann würden Hunderte Schweizer Bauern ihren Lieferauftrag verlieren», sagt der Schaffhauser Ständerat. Gleichzeitig könnten die Firmen auch selbst unter Zugzwang geraten: Bei als «schweizerisch» deklarierten Produkten würden Kunden einen Preisaufschlag in Kauf nehmen; fehle dieser Hinweis, sei ein Aufpreis gegenüber ausländischen Produkten nicht mehr gerechtfertig. Verlagerungen von Produktionsstandorten ins billigere Ausland könnten die Folge sein, so die Befürchtung von Hannes Germann. «Insgesamt sind meiner Meinung nach also noch zu viele Punkte unklar. Würde das Postulat überwiesen, wäre das ein Zeichen an den Bundesrat, hier nochmals genauer hinzuschauen.» Sein Vorstoss wird am kommenden Mittwoch im Rat behandelt.
Stark umstritten
Unterstützt wird Hannes Germann in seiner Argumentation auch von der Rechtskommission des Nationalrates. Sie verabschiedete am vergangenen Freitag eine Motion mit der Forderung, die Inkraftsetzung des Swissness-Pakets zu sistieren – bis der von Germann geforderte Bericht vorliegt. Der Entscheid fiel allerdings äusserst knapp, mit 11 zu 11 Stimmen mit Stichentscheid des Kommissionspräsidenten. Ein Hinweis darauf, dass die Swissness-Regelungen respektive der Zeitpunkt ihrer Inkraftsetzung stark umstritten sind.
Swissness Minder für weniger Bürokratie
Schaffhausen Bereits vor der Rechtskommission des Nationalrates (siehe Haupttext) hat die Schwesterkommission der kleinen Kammer die Swissness-Verordnungen geprüft. Sie gab etwa die Empfehlung ab, dass das Verfahren für Meldungen ans Wirtschaftsdepartement vereinfacht werden soll. Diese Idee geht auf die Anstrengungen des Schaffhauser Ständerates Thomas Minder (parteilos) zurück. Er hatte zusammen mit Knorr einen entsprechenden Vorschlag ausgearbeitet (siehe SN vom 28. April). (r.)