Schaffhauser Nachrichten: Die beiden kleinsten Gemeinden sind gleich gross

Hofen ist meistens die einwohnerschwächste Gemeinde im Kanton. In diesem Sommer wurde sie von Opfertshofen abgelöst. 

Hofen/Opfertshofen «Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Kleinste im ganzen Schaffhauserland?» Die Frage, welche Gemeinde im Kanton Schaffhausen aktuell am wenigsten Einwohner hat, kann nicht einmal Opfertshofens Gemeindepräsident Hannes Germann auf Anhieb beantworten. Die Einwohnerzahl von Opfertshofen und Hofen liegt so nahe beisammen, dass es immer wieder wechselt. Meist hat Hofen am wenigsten Einwohner. Doch letztes Jahr war es Opfertshofen; in diesem Frühling eroberte sich Hofen diese ehrenvolle Rolle zurück, musste sie im Juni aber wieder an Opfertshofen abgeben. Und jetzt? Hannes Germann kennt die aktuelle Einwohnerzahl wegen der steten Veränderung nicht. Er schätzt sie auf 137. Max Kuhn nennt Hofens Bevölkerungszahl wie aus der Pistole geschossen: «136.» – «Sind wir schon wieder grösser? Das wurmt mich aber», entfährt es Germann. Sofort greift er zum Telefon. Er will es ganz genau wissen. Strahlend kommt er zurück: «136. Gleichstand!», ruft er und gibt Kuhn einen Handschlag.

Würde bringt auch Bürde
Beide Gemeindepräsidenten versichern, dass zwischen den beiden einwohnerschwächsten Gemeinden des Kantons Schaffhausen kein Wettrennen herrsche. «Ich lege darauf keinen Wert. Aber es klingt schon gut, wenn man die kleinste Gemeinde ist», sagt Max Kuhn. Aber diese Würde bringt auch Bürde. Und so beginnt Kuhn zu sinnieren: «Wie lange kann eine so kleine Gemeinde noch existieren?» Neben dem Stolz, in einem solch winzigen Dorf im hintersten Winkel der Schweiz zu wohnen, belastet ihn die Verschuldung. «957 000 Franken oder über 7000 Franken pro Einwohner betragen die Schulden von Hofen», weiss Kuhn auswendig. Die Bevölkerungszahl liegt seit Jahren konstant zwischen 130 und 145, davon sind derzeit 37 Kinder. Das zeugt von einer gesunden Bevölkerungsstruktur.

Hohe Kosten für die Schule
Aber die dadurch hohen Schulkosten reissen ein Loch in die Gemeindekasse. Werden die Kinder erwachsen, ziehen sie meistens weg. Das wundert Kuhn nicht. «Wer in Hofen wohnt, muss Individualist sein. Wir haben keine Arbeitsplätze, die Wege sind weit, man braucht pro Familie zwei Autos, der öffentliche Verkehr ist schlecht, und der Steuerfussunterschied zum acht Kilometer entfernten Thayngen beträgt 48 Prozent.» Früher habe Hofen wenigstens noch Arbeitsplätze gehabt: eine Ziegelei, eine Schmitte, einen Schuhversand, zwei Restaurants, einen Laden, eine Bäckerei, Bauernbetriebe. Übrig geblieben sind ein Bauer und eine Gärtnerei. «Wir wurden zum Schlafdorf», sagt Kuhn. Will heissen: Gearbeitet wird auswärts, heim kommt man nur zum Schlafen. Seit zwölf Jahren ist in Hofen kein neues Haus mehr gebaut worden. Nichtsdestotrotz: Jetzt gibt es Pläne, neues Bauland zu erschliessen, um wachsen zu können.

Starke Bevölkerungsschwankung
Derweil Hofens Einwohnerzahl relativ konstant ist, schwankt jene von Opfertshofen stark. Nach dem Tiefpunkt um 1990 mit 108 Einwohnern stieg sie innert zehn Jahren «dramatisch» (Germann) an – auf 150. Bedingt durch Todesfälle und Wegzüge, sank sie nun wieder. Auch Opfertshofen plant die Einzonung von neuem Bauland, um das Wachstum der Gemeinde anzukurbeln. «Neues Bauland gäbe uns nochmals einen Schub», sagt Gemeindepräsident Hannes Germann. Möglichkeiten sind beim Restaurant Reiatstube und im westlichen Dorfteil vorhanden. Genau wie Hofen hat sich Opfertshofen zu einem Schlafdorf entwickelt. Das ehemalige Bauerndorf, in welchem früher viele von der Landwirtschaft lebten, bietet heute nur noch wenige Arbeitsplätze – dafür aber Ruhe, Natur und eine traumhafte Aussicht. «Es klingt schon gut, wenn man punkto Einwohnerzahl die kleinste Gemeinde im Kanton Schaffhausen ist».
Max Kuhn Gemeindepräsident von Hofen
VON Monika Nyfeler