Der Schaffhauser SVP-Ständerat Hannes Germann wird Präsident der Kommission für Wirtschaft und Abgaben.
Interview: Michael Brunner
Schaffhauser Nachrichten: Herr Germann, Sie sind erst gut drei Jahre im Ständerat und werden bereits Präsident der Kommission für Wirtschaft und Abgaben (Wak). Diese gilt als eine der wichtigsten Kommissionen. Wie haben Sie dieses begehrte Amt so schnell erhalten?
Hannes Germann:Es war von Anfang an mein Ziel, in die Wak hineinzukommen. Denn die Wirtschaft ist einer meiner politischen Schwerpunkte. Dann hatte ich das Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Und so kommt es, dass ich aussergewöhnlich früh das Präsidium übernehmen kann.
Was ändert sich als Präsident nun an Ihrer Arbeit in der Kommission?
Germann: Ich werde die Kommissionssitzungen künftig leiten und zusammen mit dem Kommissionssekretariat die Geschäfte vorbereiten. Die Durchsetzung meiner eigenen Meinung wird während der Zeit als Präsident eher in den Hintergrund treten. Wichtiger ist für mich, dass wir in den Sachfragen gute Lösungen finden.
Welche wichtigen Projekte stehen in der Wak während Ihrer Präsidentschaft, den folgenden zwei Jahren, an?
Germann: Im Vordergrund stehen verschiedene Steuerreformen. Die Wak Ständerat beschäftigt sich zurzeit mit der Unternehmenssteuerreform II. Zentral geht es dabei um Entlastungen für kleine und mittlere Unternehmungen. Auch die Familienbesteuerung kommt bald wieder auf die Traktandenliste. Ehepaare sollen, wie es das Bundesgericht seit gut 20 Jahren verlangt, Konkubinatspaaren wenigstens annähernd gleichgestellt werden.
Steuerfragen bleiben also zentral?
Germann: Ja, ein Thema wird beispielsweise auch die Biersteuer sein. Der Bundesrat will eine Mengenstaffelsteuer, das heisst, je mehr jemand produziert, desto höhere Steuern zahlt er. Das lässt sich eigentlich mit meiner liberalen Grundhaltung nicht vereinbaren. Andererseits brächte dies den kleinen Brauereien etwas längere Spiesse am Markt. Am besten gedient wäre aber allen, wenn die Biersteuer abgeschafft würde.
Sie sagen, Sie hätten eine liberale Grundhaltung. Wie definieren Sie selbst Ihr wirtschaftspolitisches Credo?
Germann: Ich bin ein Anhänger der sozialen Marktwirtschaft. Nur ein funktionierender Markt auf freiheitlicher Basis bringt unser Land weiter. Die Wirtschaft muss auf flexiblen, aber gerechten Anstellungsbedingungen basieren. Das setzt gut funktionierende Partnerschaften zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern voraus. Individuelle, massgeschneiderte Lösungen bringen mehr als flächendeckende Gesamtarbeitsverträge, die manchmal sogar Arbeitsplätze vernichten.
Während Ihres Wak-Präsidiums dürfte die Landwirtschaft auf Grund von internationalen Übereinkommen unter Druck kommen. Für Sie wird das eine schwierige Situation, wollen Sie doch nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die Interessen der Schweizer Bauern vertreten.
Germann:Neben den WTO-Verhandlungen steht für uns in der Wak das geplante Freihandelsabkommen Schweiz – USA im Mittelpunkt. Ich finde, man darf bei internationalen Verhandlungen nicht eine Branche, in diesen Fällen die Landwirtschaft, für eine andere opfern. Die WTO setzt zudem am falschen Ort an. Sie hat zu lange nur versucht, alle Handelsbarrieren niederzureissen, ohne die Nebenwirkungen zu bedenken. Wir müssen den Mut haben, zu sagen, dass wir einen Teil unserer Lebensmittel aus dem eigenen Land wollen. Wir sollten nicht Nahrung aus Ländern importieren, in denen sowieso schon Unterernährung herrscht. Freihandel kann in armen Ländern wegen grassierender Korruption zu einem noch grösseren Wohlstandsgefälle gegenüber den Industrienationen statt zu mehr Wohlstand führen.
Unter welchen Umständen sollten Lebensmittel aus einem Land konkret nicht importiert werden?
Germann: Etwa wenn die Produzenten davon nicht anständig leben können oder wenn Rohstoffe verantwortungslos ausgebeutet werden. Ich denke beispielsweise an das Abholzen von Regenwäldern. Zumindest sollten in solchen Fällen hohe Zölle erhoben werden. Dann hätten wir immerhin die Mittel, um mit Entwicklungszusammenarbeit wieder etwas vom Schaden gutzumachen.
Viele Politiker und Wirtschaftsleute jammern über die Wirtschaftslage in der Schweiz. Übertreiben sie nicht? Der Schweiz geht es doch gut?
Germann: Der Schweizer Wirtschaft geht es noch gut. Die Lage ist trügerisch. Zwar zeichnen sich in diesem Jahr sehr hohe Unternehmensgewinne ab. Aber die Lohnnebenkosten steigen, und wir geraten durch die neuen EU-Staaten auch steuerlich unter Druck. Für viele Unternehmen ist die Verlockung gross, Arbeitsplätze nach Osteuropa zu verlagern.
Dramatischer als in der gesamten Schweiz ist die Wirtschaftslage in der Region Schaffhausen. Was ist zu tun?
Germann: Schaffhausen muss seinen Weg weitergehen. Der Kanton ist sehr attraktiv für internationale Headquarters und High-Tech-Firmen, was auch den ansässigen KMU nützt. Man darf aber nicht auf kurzfristige Erfolge hoffen. Langfristig, davon bin ich überzeugt, werden sich diese einstellen. Zusätzlich muss Schaffhausen endlich seine Verkehrsprobleme lösen. Wir haben bei der Bahn noch immer keine genügende Verbindung nach Zürich. Und bezüglich Strasse gibt es vermutlich zwischen Nordkap und Süditalien nirgends mehr ein so grosses Autobahnloch wie zwischen Thayngen und Winterthur.