Schaffhauser Nachrichten: Die Kosten für die Krippen abziehen

Der Ständerat will Familien mit Kindern steuerlich entlasten. Geplant sind ein neuartiger Fremdbetreuungsabzug und ein Elterntarif von 170 Franken pro Kind.

von Eveline Rutz

Jetzt sind die Familien dran. Darin waren sich die Ständeräte gestern einig. «Seit über zehn Jahren kämpfen wir dafür, heute stehen wir endlich in der Zielkurve», sagte Bruno Frick (CVP/SZ) in der Sonderdebatte über die steuerliche Entlastung von Familien mit Kindern. 2004 war das Anliegen an der Urne gescheitert, die letzten beiden Steuerreformen hatten auf Unternehmen fokussiert. «Die Zeit ist reif, das Eisen ist warm, schmieden wir es heute», doppelte Frick nach. Von seinem Aufruf liess sich die kleine Kammer allerdings nicht zur Eile treiben. Kaum ein Ständerat liess es sich nehmen, seine Haltung wortreich auszuführen. Dabei ging es längst nicht nur um Steuer-, sondern auch um Familienpolitik.

Traditionelle Familie diskriminiert 
Für Diskussionsstoff sorgte vor allem die Absicht, berufstätigen Eltern künftig einen Abzug von maximal 12 000 Franken für die Fremdbetreuung ihrer Kinder zu gewähren. Die SVP sah traditionelle Familien, die ihre Kinder ausschliesslich selbst betreuen, diskriminiert. Die Vorlage sei von einem «einseitigen Geist» geprägt, kritisierte Maximilian Reimann (SVP/AG) und reichte einen Rückweisungsantrag ein. Der Bundesrat müsse ein gerechteres Gesetz ausarbeiten, sagte er und kündigte an, die SVP werde andernfalls eine Volksinitiative lancieren. «Eine familieninterne Betreuung ist ebenso wertvoll und förderungswürdig», sagte Hannes Germann (SVP/SH). Wenn schon ein Betreuungsabzug in Betracht gezogen werde, müsse er allen Familien zugute kommen. Grundsätzlich gehe es doch darum, die Eigenverantwortung zu stärken; und einkommensschwache Familien würden mit den sozial abgestuften Krippentarifen bereits unterstützt. «Man könnte auch sagen, Bundesrat Merz habe eine teure Maus geboren», sagte Christoffel Brändli (SVP/GB). Der Fremdbetreuungsabzug setze falsche Anreize und habe sicherlich keine preisdämpfende Wirkung auf die Krippenpreise. Von einer pragmatischen Lösung sprach hingegen Philipp Stähelin (CVP/TG). Er schränkte allerdings ein: «Es darf nicht zu weiteren Abzügen kommen, es muss bei dieser einen Ausnahme bleiben.» Das Familienbild der Nachkriegsjahre habe sich deutlich gewandelt, sagte Erika Forster-Vannini (FDP/SG). Rund 70 Prozent der Mütter arbeiteten heute ausser Haus und würden so zur ökonomischen Sicherheit ihrer Familien beitragen. Durch das zusätzliche Einkommen würden ihre Familien steuerlich stärker belastet. «Das geltende Steuersystem schafft Ungerechtigkeiten, die auf die starke Progression zurückzuführen sind», so Forster-Vannini. Nach rund drei Stunden lehnte der Ständerat den Rückweisungsantrag Reimanns mit 34 zu 6 Stimmen ab. In der Detailberatung einigte er sich darauf, dass für Fremdbetreuung höchsten 12 000 Franken abgezogen werden können. Eine Minderheit hatte sich erfolglos für eine Obergrenze von 8500 Franken eingesetzt. Die kleine Kammer beschloss zudem einen Elterntarif von 170 Franken pro Kind, der direkt von der Bundessteuer in Abzug gebracht werden soll. Damit soll in erster Linie der Mittelstand entlastet werden.

Inkraftsetzung erst 2011 
Mit 22 zu 19 Stimmen fiel der Entscheid über das Datum der Inkraftsetzung ziemlich knapp aus. Die Mehrheit der Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) hatte erfolglos dafür plädiert, das Gesetz Anfang 2010 in Kraft zu setzen. Unter dem Vorbehalt allerdings, dass die Referendumsfrist bis zum Januar 2010 unbenützt abläuft. «Wir können uns doch nicht gegen die Kantone stellen», sagte Hermann Bürgi (SVP/TG) und brachte die Haltung der kantonalen Finanzdirektoren ein (siehe «Nachgefragt»). Das Gesetz rückwirkend auf den 1. Januar 2010 umzusetzen sei zudem staatspolitisch fragwürdig. «Eine gewisse Verzögerung ist verkraftbar», meinte auch Finanzdirektor Hans-Rudolf Merz. Die Vorlage wurde nach fast viereinhalbstündiger Debatte mit 36 zu 2 Stimmen bei 2 Enthaltungen angenommen. Die geplanten Massnahmen führen zu Mindererträgen von 600 Millionen Franken. Die Kantone sollen davon 17 Prozent, der Bund 83 Prozent tragen. Das Geschäft geht nun an den Nationalrat.