Während die FDP-Bundesratskandidaten klare Fürsprecher haben, ist das Lobbying bei der SP sehr viel diskreter. Dafür wimmelt es von Heckenschützen.
von Michael Brunner
Wer für Karin Keller-Sutters Bundesratskandidatur wirbt, ist hinlänglich bekannt: praktisch alle Ostschweizer FDP-Bundeshauspolitiker rund um den Thurgauer Nationalrat Werner Messmer. «Wir verstecken das nicht», sagt die Ausserrhoder Nationalrätin Marianne Kleiner. «Wir wollen damit auch öffentlich zeigen, dass für uns ein Ostschweizer Bundesratssitz wichtig ist.» Den Fanclub von Johann Schneider-Ammann, dem anderen FDP-Bundesratskandidaten und Berner Nationalrat, kennt man ebenfalls. Hier stehen der Solothurner FDP-Ständerat Rolf Büttiker und BDP-Präsident Hans Grunder an vorderster Stelle.
Bedeutend ruhiger verläuft das Rennen zwischen den SP-Bundesratskandidatinnen. «Bis in die rechte Ratshälfte ist niemand gekommen, um zu werben», sagt der Winterthurer SVP-Nationalrat Jürg Stahl. Beide Kandidatinnen seien in Bundesbern seit Jahren bekannt, da bringe Lobbying möglicherweise wenig. Persönlich stehe er aber mit der Winterthurer Kandidatin Jacqueline Fehr in engem Kontakt. «Wir verstehen uns trotz unterschiedlichen politischen Standpunkten gut.» Daher werde er ihr seine Stimme geben, falls SVP-Sprengkandidat Jean-François Rime vorzeitig ausscheide. Auch CVP-Vizefraktionschefin Brigitte Häberli ist bezüglich linken Lobbyings bisher nichts zu Ohren gekommen. «Gäbe es ein solches, hätten mich meine Fraktionsmitglieder darüber informiert.» Und der Schaffhauser SVP-Ständerat Hannes Germann hat Unterschiede festgestellt: «Freisinnige haben es bei mir mal schüchtern versucht, von der SP habe ich nichts gehört.» Aber das sei sowieso vergebliche Liebesmühe. «Ich wähle unseren Kandidaten Rime und bin überzeugt, dass er bis zum Schluss dabei ist.» Tatsächlich scheinen nicht einfach alle Zürcher SP-Vertreter für Fehr und die Berner für Sommaruga zu sein. So hatte sich die Berner SP-Nationalrätin Margret Kiener Nellen schon in einer sehr frühen Phase negativ über Sommaruga geäussert. Und in der gestrigen «Südostschweiz» betätigte sich der Zürcher SP-Nationalrat Andreas Gross als Heckenschütze gegen Fehr, an deren Teamfähigkeit er zweifelt. Unweigerlich kommt einem das Zitat des ehemaligen SP-Bundesrates Willi Ritschard in den Sinn: «Tritt dir einer auf die Flosse, ist es sicher ein Genosse.»