Axpo-Chef Heinz Karrer soll den Wirtschaftsdachverband Economiesuisse aus der Krise führen. Für bürgerliche Politiker ist die Kandidatur des ehemaligen Spitzensportlersein Glücksfall, im linken Lagerstösst Karrer auf Skepsis.
Von Eveline Rutz
Die Economiesuisse hat turbulente Zeiten hinter sich. Im Februar kündigte Swatch-Chef Nick Hayek den Austritt des Uhrenverbandes an, es folgten das Debakel um die Abzocker-Initiative und schliesslich der Doppelrücktritt an der Spitze. Nun soll Axpo-Chef Heinz Karrer den Wirtschaftsdachverband wieder auf Kurs bringen. Die Findungskommission schlägt ihn als einzigen Kandidaten vor. Seine Wahl am 29. August durch den Vorstand ist damit so gut wie sicher.
Profisportler und Hausmann
Mit Karrer steht ein Wirtschaftsführer in den Startlöchern, der eine steile und vielseitige Karriere hinter sich hat. Er absolvierte eine KV-Lehre, holte die Matura nach und studierte an der HSG Nationalökonomie. Er feierte Erfolge als Profihandballer und stieg 1985 als Direktor bei Intersport ein. Der dreifache Vater hatte danach Führungsfunktionen bei Ringier und Swisscom inne, ehe er 2002 nach einem halbjährigen Intermezzo als Hausmann Axpo-Chef wurde.
«Mit Verband bestens vertraut»
Hans Hess, Vizepräsident von Economiesuisse, lobt den 54-Jährigen als Persönlichkeit, die hohe Glaubwürdigkeit geniesse und offen kommuniziere. «Er kann Brücken schlagen.» Durch seine Arbeit im Vorstand und in verschiedenen Ausschüssen sei er mit dem Verband bestens vertraut. Bei der Axpo hat Karrer eine Kündigungsfrist von 12 Monaten. Das heisst, er müsste dem Unternehmen bis Ende August 2014 die Treue halten. «Es wird eine Übergangsphase geben», sagt Hess. Er rechnet damit, dass Karrer nach seiner Wahl einen Tag pro Woche für Economiesuisse einsetzen wird. Karrer soll insbesondere die Nachfolge des abgetretenen Direktors Pascal Gentinetta regeln und die Repositionierung des Verbands vorantreiben. Die Abstimmungen über die 1:12- und die Mindestlohn-Initiative haben für den Präsidenten laut Hess nicht erste Priorität. «Wir verstehen uns nicht als Organisation, die in erster Linie Kampagnen führt.»
Energiepolitik als Nagelprobe
Bei bürgerlichen Politikern geniesst der designierte Präsident viel Goodwill. Karrer komme aus einem öffentlichen Betrieb und sei daher gut mit Wirtschaft und Politik vernetzt, sagt FDP-Fraktionschefin Gabi Huber. Karrers Aufgabe werde unter anderem darin bestehen, die Glaubwürdigkeit des Verbands wieder zu festigen. «Die Wirtschaft muss wieder mit einer Stimme sprechen», sagt Konrad Graber (CVP/LU), Präsident der ständerätlichen Wirtschaftskommission. Dass die Economiesuisse einen amtierenden CEO für das Präsidium gewonnen habe, wertet er als starkes Zeichen. Für Karrer bedeute der Wechsel allerdings eine Umstellung. Die Verbandsspitze könne nicht alles selbst entscheiden, sondern müsse stark integrierend wirken. «Daran hat es bisher gekrankt», so Graber. Nagelprobe werde sein, wie sich Karrer zur Energiepolitik äussere. Dabei werde er nicht nur sein Fachwissen, sondern auch politische Aspekte berücksichtigen müssen. Die Economiesuisse müsse sich wieder aufs Wesentliche konzentrieren, findet Ständerat Hannes Germann (SVP/SH). Sie sei zudem vor allem als Vertreterin der Banken und der Grosskonzerne wahrgenommen worden. «Sie muss wieder vermehrt die Basis ansprechen.» Wünschenswert sei auch, dass sie mit Gewerbe- und Arbeitgeberverband besser zusammenarbeite.
Nicht offen für Energiewende
Auf Skepsis stösst die Kandidatur im linken Lager. Karrer habe für klimaschädliche Gasimporte und eine AKW-Lebensdauer von über 60 Jahren gekämpft, kritisiert Swissolar-Präsident und Nationalrat Roger Nordmann (SP/VD). «Er wird nun diese rückwärtsgewandten Positionen politisch durchzusetzen versuchen.» Nationalrat Louis Schelbert (Grüne/LU) befürchtet, «dass die Economiesuisse für eine rasche Energiewende zu wenig offen sein wird».
Karrer schweigt
Karrer selbst will sich bis zur Wahl nicht äussern. Gemäss einer schriftlichen Erklärung gab es für ihn eigentlich keinen Grund, die Axpo zu verlassen. Erst nach intensiven Gesprächen habe er sich dazu entschieden. «Ich komme langsam in das Alter, in dem man sich überlegt, ob man nicht noch einmal etwas Neues anpacken sollte.»