Es wurde nicht nur gefestet, sondern auch gekämpft an «Schaffusia’11»: Der Wahlkampf Mann gegen Mann und im Gedränge hat längst begonnen.
von Robin Blanck
Nicht um Politik sollte es gehen, sondern nur ums Festen: Mit diesen Worten eröffnete der Stadtpräsident am Freitag «Schaffusia’11». Das sah am Samstagnachmittag auf dem Herrenacker aber ganz anders aus, als sich acht Kandidaten für die National- und die Ständeratswahlen vom 23. Oktober nicht eben sanft anpackten: Drei Gänge lang lieferten sich die männlichen Kandidaten echten Wahlkampf im Sägemehl. Till Aders, Nationalratskandidat der Alternativen Liste, besiegt im ersten Kampf seinen Konkurrenten Christoph Schärrer (FDP) und machte damit seinen Anspruch auf den Kranz deutlich. Im ersten bürgerlichen Duell trafen danach FDP-Ständeratskandidat Christian Heydecker und SVP-Nationalratskandidat Dino Tamagni aufeinander. Das nicht immer ganz unbelastete Verhältnis zwischen den beiden bürgerlichen Parteien spiegelte sich auch im Schwingen wider: Tamagni gelang es mehrfach, den weniger grossen Heydecker in arge Bedrängnis zu bringen, nur knapp konnte Heydecker eine Niederlage abwenden. Mit einer geschickten Drehung wendet er das Blatt und kann dem besiegten Gegner das Sägemehl abwischen. Nationalrat Thomas Hurter (SVP) musste sich Roger Paillard, der für die FDP in den Nationalrat will, geschlagen geben; dem SVP-Mann gelang es in der Folge aber als Einzigem, den späteren Kranzgewinner zu besiegen. Wacker schlugen sich ebenso die beiden jungfreisinnigen Kandidaten Beni Schilling und Alain Illi, auch wenn die Aufschrift auf ihren T-Shirts – sie bezeichneten sich bereits als Nationalräte – etwas voreilig schien. Die Bekleidung der Kämpfer war überhaupt sehr interessant: Während die FDP-Vertreter mehrheitlich in den traditionellen und bei der Bauernschaft beliebten Edelweiss-Hemden antraten, setzte man bei der SVP auf ein Schweizer Kreuz (Hurter) oder ein unauffälliges Blau (Tamagni) – will die FDP bei den Konservativen punkten?, mag sich manch einer gefragt haben. Eine weitere Schwinghose lag übrigens auch bereit – ob diese als Ersatz oder allfällige sich spät entscheidende Ständeratskandidaten vorgesehen war, blieb am Samstag unbeantwortet. Derweil wurde hart miteinander gerungen, Dino Tamagni schied sogar mit einer Daumenverletzung aus. Schliesslich war klar, wer im Schlussgang aufeinander trifft: Aders auf Heydecker. Anfangs wagte keiner der beiden den Angriff, bis der junge Aders seinen Gegner anhob und ihn mit Wucht auf die Schultern legte.
Beiz und Schatzsuche
Während der Wahlkampf Mann gegen Mann klar zugunsten des einzigen Linken im Feld ausging, sahen die Verhältnisse abseits des Sägemehls etwas anders aus. Beim nachmittäglichen Rundgang waren in der traditionellen SP-Beiz «Cantina del popolo» an der Moserstrasse nicht einmal die Hälfte der Plätze besetzt: Die Parteimitglieder hatten sich wie immer den Schurz umgebunden und sorgten für die Gäste, von den Kandidaten Fehr, Munz und Freivogel war gerade keiner da, dafür gab es deren Konterfei auf mannshohen Plakatständern zu sehen. Die Attraktion: Unter dem Titel «Wer ist das?» galt es die drei zu identifizieren, als Gewinn winkten 5 Einkaufsgutscheine über je 100 Franken. Auf der Rheinuferstrasse hatte die FDP ihre «Insel der Freiheit» erstellt: Nachdem man bisher an solchen Festen in Piratenmanier jeweils mit Schiff unterwegs war, hat man nun die nächste Stufe auf der Suche nach dem Schatz erreicht, denn in einer mit Sand gefüllten Mulde galt es schaufelnderweise versteckte Goldstücke zu finden – nebst Trostpreis lockte als Hauptpreis ein Goldvreneli. Die Kandidaten waren in der mit Stehtischen und Cigarren ausgerüsteten «Insel der Freiheit» noch nicht anzutreffen, da sie noch nicht vom Schwingen zurück waren, dafür gab es Flyer und Werbematerial. Präsenzmarkieren – darum ging es der Partei laut Standchef Martin Egger, und Parteipräsident Nihat Tektas konnte einen hohen Gast in Aussicht stellen: Am 19. August wird Bundesrat Didier Burkhalter auf Einladung der Partei Schaffhausen besuchen.
Mehr Wähleranteil
An strategisch günstigster Lage hatte die SVP ihr Lager aufgeschlagen: Durch die enge (und hohle) Vordergasse bewegten sich die Massen dauernd auf und ab, was sich auf die Besetzung der Beiz sichtlich positiv auswirkte. Auf einem grossen Banner war «Schweizer wählen Schweizer» zu lesen, unmittelbar an der Gasse war das SVP-Glücksrad aufgestellt: Blieb das Rad bei einem der drei Kandidaten stehen, gab es einen Pack SVP-Pasta und einen Flyer mit Kochrezept (Tomatensauce à la Thomas, Dino’s Basilikum-Safran-Sauce oder die Tomatensauce mit Pfiff von Hannes Germann). Wer auf dem Euro oder der EU-Fahne landet, muss nachsitzen und erhält als Lektüre das «Kleine 1 x 1 der Schweizer Politik». Kurz vor 17 Uhr standen die Kandidaten im Fronteinsatz und liessen die Passanten am Rad drehen, angekündigt war Parteipräsident Toni Brunner. Als der beim Stand an der Vordergasse eintrifft, tut er Folgendes: Er fängt oben am Stand an, geht zuerst zu den Männern am Grill, Händedruck für jeden. Ebenso für die Leute an der Getränketheke. So arbeitet er sich zu den Vorstandsmitgliedern durch. Noch während er Hände schüttelt, kommen Passanten spontan zu ihm, klopfen ihm auf die Schultern, «ich bin ein Fan», sagt ein älterer Herr, weitere Personen kommen hinzu, viele kennt Brunner sogar offensichtlich persönlich. Der Präsident ist zuversichtlich, dass man die Anzahl SVP-Vertreter aus Schaffhausen werde halten können. Eine Steigerung sei kaum denkbar, sagt Brunner, «aber in erster Linie interessieren mich nicht die Mandate, sondern das Wählerpotenzial – und da gibt es noch Steigerungspotenzial im Kanton Schaffhausen.» Für viele Leute gebe es Reizvolleres als Politik, erklärt Brunner, «deshalb finden wir es wichtig, dass die Menschen erst einmal mit der SVP und ihren Vertretern ins Gespräch zu kommen». Und das könne man am besten, wenn man zu den Leuten gehe – zwei Stunden wird er nur an diesem Stand sein.