Schaffhauser Nachrichten: Mehr Gerechtigkeit für die Familien

Von Hannes Germann

Es geht endlich vorwärts mit der Abschaffung respektive der Milderung der steuerlichen Diskriminierung von Ehepaaren. Der erste Bundesgerichtsentscheid in dieser Sache ist zwar bereits vor über zwanzig Jahren gefällt worden. Das hindert den Bundesrat freilich nicht daran, seine jüngste Vorlage mit «Sofortmassnahmen im Bereich der Ehepaarbesteuerung» zu betiteln. Doch seien wir nicht kleinlich. Entscheidend ist, dass endlich auch auf Bundesebene wieder etwas geht.

Die meisten Kantone haben sich, wie auch Schaffhausen, bereits für ein Teilsplitting entschieden. Das bedeutet, dass das Ehepaareinkommen addiert und dann durch einen Splittingfaktor von 1,7 bis 1,9 (Vollsplitting 2,0 käme zu teuer) geteilt wird. Damit entgehen die Ehepaare auf Kantons- und Gemeindeebene einer höheren Progression und werden damit gegenüber Konkubinatspaaren nicht mehr übermässig benachteiligt. Ganz anders verhält sich das auf Bundesebene, wo es kein Teilsplitting gibt. Wegen der steilen Progression bei der Direkten Bundessteuer werden Ehepaare gegenüber Konkubinatspaaren steuerlich zum Teil massiv benachteiligt. Mit dem berühmt-berüchtigten Steuerpaket ist vor zwei Jahren eine für Ehepaare und Familien geradezu traumhafte Vorlage buchstäblich mitversenkt worden. Sie basierte auf dem Teilsplitting mit einem hohen Divisor 1,9. Daneben sah das Steuerpaket einen generellen Kinderabzug von 9300 Franken, einen Drittbetreuungsabzug, einen Abzug für Einelternfamilien und weitere Reduktionen vor. Von einer derart familienfreundlichen Lösung sind wir beim jetzigen Anlauf zur Beseitigung der Heiratsstrafe weit entfernt. Mit den «Sofortmassnahmen» schlägt der Bundesrat eine Kombilösung vor. Erstens: einen Zweiverdienerabzug von 50 Prozent des niedrigeren Einkommens, maximal jedoch 12 500 Franken, und zweitens: einen Verheiratetenabzug von 2500 Franken pro Ehepaar. Im Gegensatz zu dem in der Vernehmlassung «zerzausten» ersten Vorschlag können diesmal auch Einverdienerehepaare (allerdings deutlich geringer) und Rentnerehepaare profitieren. Mit dieser Kombilösung wird für rund 160 000 Zweiverdienerehepaare, das heisst für zwei Drittel, die Schlechterstellung gegenüber Konkubinatspaaren beseitigt. Für die übrigen 80 000 Zweiverdienerehepaare wird die verfassungswidrige Mehrbelastung lediglich gemildert. Die Einverdienerehepaare werden ebenfalls leicht besser (oder weniger schlecht) gestellt: mit einem Abzug von 2500 Franken, den die Zweiverdiener freilich auch machen dürfen, allerdings in äusserst bescheidenem Masse.

In der vorberatenden Wirtschafts- und Abgabenkommission des Ständerates (Wak-S) gab das zu heftigen Diskussionen Anlass. Die Vertreter von CVP und SVP hätten eher ein Teilsplitting oder zumindest eine höhere Entlastung für alle Ehepaare (statt nur für Zweiverdiener) bevorzugt. Die Exponenten der FDP zeigten sich, weil sie langfristig die Einführung der Individualbesteuerung wollen, mit dem Vorschlag ihres Bundesrates halbwegs zufrieden, derweil die Vertreter der SP einzig und allein die Doppelverdiener entlasten wollten. Der Antrag von Simonetta Sommaruga (SP, BE) auf Streichung des Abzuges für Ehepaare hatte zum Glück keine Chance.

So kommt es wie so oft in der Politik: mittlere Unzufriedenheit bei fast allen. Als Kommissionspräsident bleibt dem Verfasser dieses Beitrages wenigstens die Befriedigung, dass die Wak-Mitglieder einstimmig hinter dem Kompromiss stehen. Damit stehen die Chancen gut, dass sich auch der Nationalrat als Zweitrat dieser Vorlage anschliesst und die überfälligen Steuererleichterungen für Ehepaare und Familien per 2008 in Kraft treten können.