Schaffhauser Nachrichten: Minders Mission gegen die Abzocker

Thomas Minder, Vater der Abzocker-Initiative, ist gestern nach Bern gereist. Er wollte die Ständeratsdebatte verfolgen, kam wegen eines eigentlichen Medienmarathons jedoch kaum dazu.

von Eveline Rutz

Um 8.05 Uhr eilt Thomas Minder die Treppen des Bundeshauses hoch. Energisch redet er auf den Aargauer Ständerat Maximilian Reimann ein, der ihm einen Besucherbadge verschafft hat. Er spricht von seiner Abzocker-Initiative, die auf der Traktandenliste des Ständerats steht. «Ich mache mir keine grossen Hoffnungen», sagt Minder zu den Journalisten, die ihn auf dem Gang abfangen. CVP und FDP seien gegen die Initiative, die SVP habe sich noch nicht festgelegt. «Die zentrale Frage wird sein, ob die Haltung des Parlaments und jene des Volkes noch weiter auseinanderdriften», sagt Minder und hastet zum ersten Medientermin, einem Streitgespräch mit Rolf Schweiger (FDP/ZG). Im Vorzimmer wechselt er ein paar Worte mit Hannes Germann (SVP/SH), dann geht’s los. «Wir haben drei Minuten», erklärt der Journalist von Radio DRS und bittet die Teilnehmenden, sich kurz zu fassen. Minder plädiert dafür, «die Aktionäre zu stärken» und «endlich alle Hintertüren zu schliessen». Er spricht sich zudem für strengere Vorgaben bei den Löhnen, aber gegen einen Lohndeckel aus. Minder wirkt konzentriert. Er bringt seine Gedanken auf den Punkt und sagt Sätze, die er an diesem Vormittag unzählige Male wiederholen wird.

«Ich habe schon Hunderte Medienauftritte hinter mir, da lernt man das», erklärt er. «Das gehört dazu, ich bin das Sprachrohr.» Es ist inzwischen 8.45 Uhr, in der Cafeteria warten Claudio Kuster und Brigitta Moser-Harder vom Initiativkomitee. «In der KMU-Landschaft ist der Geist noch in Ordnung», sagt Minder beim Kaffee. Das Problem sei der Charakter der Manager. «Die Selbstregulierung hat überhaupt nicht funktioniert.» Plötzlich kommt Unruhe auf: Ein Mitarbeiter der Parlamentsdienste macht Minder darauf aufmerksam, dass er sich als Besucher nicht allein im Bundeshaus bewegen dürfe. Er müsse stets mit demjenigen zusammen sein, der für ihn den Badge beantragt habe. «Das ist doch unglaublich», enerviert sich Minder, «irgendjemandem passt wohl mein Kopf nicht.» Bald diskutiert auch Reimann mit. «Ich bin offenbar für Ihr Verhalten verantwortlich», sagt er zu Minder. Erst nach einem minutenlangen Wortgefecht einigt man sich auf einen Kompromiss. Minder darf bleiben, auf Eskapaden soll er allerdings verzichten.

Rückzug kommt nicht in Frage 
Es folgt ein Interview mit dem welschen Fernsehen, um 9.45 Uhr nimmt Minder auf der Tribüne des Ständerats Platz. Fotografen und Kameraleute wuseln um ihn herum und wünschen, dass er sich in die erste Reihe setzt. Minder verfolgt wenige Minuten die Debatte, ehe er zum nächsten Interview gebeten wird. Es folgt ein eigentlicher Medienmarathon. «Ich will etwas verändern», sagt Minder mehrfach und: «Mit Streicheleinheiten kommen Sie nicht weiter.» Er werde seine Initiative auf keinen Fall zurückziehen, dafür habe er zu viel Arbeit und Geld investiert. Das Volk werde ihn bestimmt unterstützen. «Ich werde inzwischen ja von den Linken und von den Rechten überholt.» Minder gibt den Journalisten ausführlich Auskunft, es sprudelt nur so aus ihm heraus. Selbst auf Französisch vertritt er sein Anliegen leidenschaftlich und redet sich ins Feuer. Auf Wunsch der Medien setzt er sich auf ein Sofa, schreitet die Treppe auf und ab und diskutiert im Vorzimmer des Ständerats. Immer wieder macht er Anstalten, sich einen Kaffee zu holen, um doch wieder von einem Journalisten in Beschlag genommen zu werden. Dazwischen grüsst er einige Parlamentarier, darunter den Schaffhauser SP-Nationalrat Hans-Jürg Fehr, und isst in einem ruhigen Moment einen Pausenriegel. «Das Interesse ist ganz extrem, dabei ist noch nichts entschieden», stellt Minder fest und gibt einem Journalisten seine Handynummer. «Wann kann ich Sie anrufen?», will dieser wissen. «Am besten gar nicht», sagt Minder und schmunzelt. Um 13.10 Uhr schafft er es endlich noch einmal auf die Tribüne. Nach fünf Minuten wird die Debatte geschlossen, das Geschäft wird vertagt. Für Minder geht die Medienarbeit allerdings noch weiter. Erst um 13.45 Uhr tritt er aus dem Bundeshaus – und auch dies nicht, ohne dabei fotografiert zu werden.