Schaffhauser Nachrichten: «Nicht gegeneinander ausspielen»

Das Landleben ist laut einer Studie nach wie vor sehr beliebt. Das freut Ständerat Hannes Germann (SVP/SH), den Präsidenten des Gemeindeverbandes. Vor allem gewisse Raumplaner müssten das zur Kenntnis nehmen.

von Michael Brunner

Eine Studie kommt zum Schluss, dass sich die Bewohner kleiner Dörfer am wohlsten fühlen. Das dürfte Sie und den Gemeindeverband freuen? 
Hannes Germann: Ja, das freut mich. Die Umfrage zeigt, dass Grösse allein nicht glücklich macht.

Sie wohnen selber auf dem Land, waren Präsident der Kleinstgemeinde Opfertshofen. Was macht das Land- leben denn so attraktiv? 
Germann: Ich habe wenig Freizeit, da ist es mir wichtig, rasch in der Natur draussen zu sein. Velo fahren, joggen, wandern, all das kann man gleich vor der Haustür. Besonders attraktiv ist das Landleben für Familien mit Kindern und Haustieren. Und wenn man es mit den Nachbarn noch gut trifft, lässt es sich in einem kleinen Dorf wirklich gut leben.

Bei allem Lob für das Landleben: Sehen Sie auch Nachteile? 
Germann: Als eidgenössischer Parlamentarier lebe ich etwa einen Drittel meiner Zeit in Bern. Daher kenne ich auch das städtische Leben. Natürlich hat auch dieses seine Vorteile. Ich schätze es, dass ich in Bern nicht weit gehen muss, wenn ich in einem Restaurant etwas essen will. Und das kulturelle Angebot ist bedeutend grösser. Man sollte Stadt- und Landleben nicht gegeneinander ausspielen. Auch in vielen Stadtquartieren lässt es sich gut leben. Die Hauptsache ist doch, dass es den Menschen möglichst wohl ist.

Trotzdem sehen Sie die Städte als den politischen Gegner Ihres Verbandes? 
Germann: Nein, wir arbeiten selbst mit den Kernstädten gut zusammen. Gerade grössere Agglomerationsgemeinden, die selber Städte sind, machen gar in unserem Verband mit. Dem Schweizerischen Gemeindeverband gehören fast 2000 der gut 2500 Schweizer Gemeinden an. Uns geht es vor allem darum, dass Bund und Kantone die dritte Ebene, eben die Gemeinden, frühzeitig in die Problemlösung einbeziehen. Wir sind zwar die unterste Stufe im Föderalismus, dafür aber diejenige, die am nächsten bei den Bürgern ist.

Zurück zum Landleben. Viele wollen in einem Dorf wohnen, aber die Schweiz verstädtert. Was ist zu tun? 
Germann: Das Umfrageergebnis sollten sich vor allem gewisse Raumplaner hinter die Ohren schreiben. Ihnen schwebt eine Schweiz mit drei bis vier städtischen Metropolitanregionen vor, auf die sich alles auszurichten hat. Die Menschen in diesem Land mögen es dezentraler. Das müssen diese Planer zur Kenntnis nehmen. Schliesslich sind sie für die Menschen da, nicht umgekehrt.

Ein praktisches Problem des Landlebens ist, dass oft weite Arbeitswege in Kauf genommen werden müssen. Welche Lösungsansätze sehen Sie? 
Germann: Aufgabe der Politik ist es, auch in sogenannten Randregionen eine gute Verkehrsinfrastruktur zur Verfügung zu stellen. Zudem sollte die Wirtschaft über die Bücher gehen. Dank modernen Kommunikationsmitteln ist es möglich, auch ausserhalb der grossen Zentren hochwertige Arbeitsplätze zu schaffen. Und die Mieten für Bürogebäude und Fabriken sind weit tiefer. Für Unternehmen könnte sich das doch lohnen. Ich staune manchmal, welch hohe Mieten Unternehmungen zu zahlen bereit sind, nur, um an der Zürcher Bahnhofstrasse residieren zu können.