Schaffhauser Nachrichten: Rechnung aus Brüssel überrascht

Auf die Schweiz kommt eine neue Osthilferechnung zu: Die EU fordert 1,6 Milliarden Franken für 2012 bis 2017. Die Präsidentin der Aussenpolitischen Kommission (APK) des Nationalrats wurde davon überrascht.

von Peter Granwehr

«Leider kommt es immer wieder vor, dass wir solche News aus den Medien erfahren statt vom Bundesrat», sagt APK-Präsidentin Christa Markwalder (FDP/BE). Diesmal wusste es die «NZZ am Sonntag» vorher: Spätestens 2011 werde die Forderung spruchreif. Nach der 2006 vom Volk bewilligten «Kohäsionsmilliarde» für 2007 bis 2012 und den zusätzlichen 257 Millionen für Rumänien und Bulgarien sollen die Jahre bis 2017 abgedeckt werden – mit 1,6 Milliarden für Projekte in den EU-Staaten Osteuropas. Dies als Preis für den Bilateralismus, nachdem die EU mit den Efta- und EWR-Staaten Norwegen, Island und Liechtenstein die Zahlung von 1,79 Mrd. Euro vereinbart hatte.

Für Markwalder ist es zwingend, dass die APK von National- und Ständerat «frühzeitig» informiert und einbezogen werden, «denn ein solcher Kredit muss schliesslich auch vom Parlament verabschiedet werden». Bei der ständerätlichen APK liegt der Fall freilich etwas anders: Vizepräsident Hannes Germann (SVP/SH) wusste nach eigenen Angaben «als Mitglied der Efta-Delegation seit mindestens zwei Monaten, dass die Efta-Staaten 1,79 Milliarden Euro zahlen werden». Dann könne man sich ausrechnen, wie viel auf die Schweiz zukomme. Er habe das Thema in seiner APK «angesprochen, aber keine klare Antwort von Frau Calmy-Rey erhalten». Auch der Thurgauer Ständerat Philipp Stähelin (CVP) ist nicht überrascht: «Wenn die EU selbst Kohäsionsgelder beschliesst für die Erweiterung, dann ist es logisch, dass sie entsprechende Forderungen an die EWR-Staaten und die Schweiz stellt.» Aber er stellt klar: «Die Schweiz ist in keiner Art und Weise verpflichtet.» «Im Moment sehe ich nicht ein, warum die Schweiz zahlen soll», sagt auch Germann. Und wenn, dann müsse wie letztes Mal sichergestellt sein, dass sie Einfluss nehmen könne auf die mit diesem Geld finanzierten Projekte. Auf die Frage, ob die Schweiz versuchen solle, die Forderung der EU mit eigenen Wünschen zu verknüpfen, meint Germann, das funktioniere wohl kaum. Markwalder weist darauf hin, dass dieses Rezept früher erfolgreich war. Und an eigenen Forderungen nach bilateralen Abkommen – etwa Strommarkt, direktem Zugang von Schweizer Banken und Versicherungen zum EU-Binnenmarkt – fehle es auch nicht. «Aber der Bilateralismus ist der EU zunehmend ein Dorn im Auge.»